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M e n s c h e n i n , T r i e b e ' “ , als auch die Unmöglichkeit der

abstrakten Isolierung der Wirtschaft aus den übrigen Gemeinschafts-

erscheinungen. Es bedarf nach ihm immer des Zurückgehens auf das

ganze einheitliche psychologische Individuum, auf die empirischen

psychologischen Tatbestände, um die wirtschaftlichen Erscheinungen

zu begreifen.

Knies wendet sich gegen den Vergleich der Isolierung, die bei der Untersuchung

eines ökonomischen und eines physikalischen Phänomens vorliegt, folgender-

maßen: Diese Parallele sei unmöglich. Zum Beispiel: „Der Bewegungsdrang des

Pendels innerhalb (der) atmosphärischen Luft ist ganz der gleiche wie der, wel-

cher im luftleeren Raume zu beobachten sein würde .. . dagegen ist jener . .. vor-

ausgesetzte ... Egoismus [als Grundlage abstrakt isolierter ökonomischer Erschei-

nungen] an s i c h s e l b s t s c h o n u n w a h r , u n w i r k l i c h ; seine Kraft-

äußerungen können deshalb auch keine Parallele zu den Schwingungen des Pen-

dels im luftleeren Raume bilden, müssen vielmehr, wenn sie als Annahmen' fin-

giert werden, g e r a d e s c h o n w e g e n i h r e r s e l b s t z u S c h l u ß f o l -

g e r u n g e n f ü h r e n , w e l c h e d e n t a t s ä c h l i c h e n E r s c h e i n u n -

g e n d e s L e b e n s w i d e r s p r e c h e n.“ Das Gleiche gelte gegenüber von

Parallelen zur Chemie. „Der Chemiker mag den ,elementaren

1

, ,reinen

1

Körper

aus den Verbindungen.. . ausscheiden und als für sich ausscheidbaren Körper. . .

untersuchen; dieser elementare Körper ist auch als solcher in der Verbindung

real vorhanden und wirksam. Die S e e l e d e s M e n s c h e n d a g e g e n i s t

e i n E i n h e i t l i c h e s , n i c h t i n T e i l e Z e r l e g b a r e s , und die Seele

des ,von Natur sozialen Menschen

1

mit einem für sich verselbständigt scheidbaren

Triebe des reinen Eigennutzes ist e i n e t h e o r e t i s c h u n z u l ä s s i g e

A n n a h m e.“

1

An einer andern Stelle erklärt Knies die Frage nach der Bedeu-

tung des Politischen für das Wirtschaftliche für „ungenau“

2

. Man dürfe sicb die

politische Gewalt nicht wie ein isoliertes, freies und für sich bestehendes Etwas

denken, da „doch auch eben diese politischen Zustände. . . nur innerhalb der Ge-

samtentwicklung herangediehen sind .. .“

3

Max Weber nennt diese, wie wir alsbald sehen werden, faktisch

unrichtige Anschauungsweise Kniesens mit Recht „emanatistisch“;

sie wird von Knies auch nicht näher analytisch begründet, sondern

ist ihm „eben das schlechthin letzte Agens, auf welches man bei der

Analyse historischer Erscheinungen stößt“

4

.

1

Karl Knies: Die politische Ökonomie vom geschichtlichen Standpunkte,

Braunschweig 1883, S. 504 f. (im Original nicht gesperrt).

2

Karl Knies: Die politische Ökonomie vom geschichtlichen Standpunkte,

Braunschweig 1883, S. 144.

3

Karl Knies: Die politische Ökonomie vom geschichtlichen Standpunkte,

Braunschweig 1883, S. 144; vgl. auch S. 235 und öfter.

4

Max Weber: Knies und das Irrationalitätsproblem, in: Schmollers Jahrbuch

für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Jg 30,

Leipzig 1906, S. 116.