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punkte der Beurteilung. Der Verfasser hatte durch jahrelange Arbeit im Kinder-

fürsorgewesen Gelegenheit, die Frage der Anstalterziehung genau zu überprüfen.

Seit Jahrzehnten vor dem Kriege strebte in Deutschland jede tüchtige Fürsorge-

arbeit von der Erziehung der Kinder in Anstalten, zum Beispiel Waisenhäusern,

hinweg zur Erziehung in Familien (sogenannten Pflegefamilien). Warum? Man

sagte unter anderem, daß die Familienerziehung das Kind besser für das Leben

vorbereite und hatte darin zweifellos recht. Aber der wesentlichste Vorteil aller

Familienerziehung gegenüber aller Anstaltserziehung liegt noch anderswo. Er

liegt darin, daß die Familie ganz allein imstande ist, dem K i n d e e i n e

S e e l e z u g e b e n . Alle Anstaltserziehung hat immer und notwendig die Folge

einer Entseelung des Kindes. Auch die besten Anstalten — die man als Massen-

erscheinung in einem kommunistischen Gemeinwesen nie erreichen wird, denn was

heute die sorgfältigste Auslese bester Lehrer und die größte Bemühung bester

Anstaltsleiter und leidenschaftlicher Pädagogen leistet, kann nie und nimmer für

die große Menge der Anstalten des Zukunftsstaates erreicht werden — auch die

besten Anstalten können dem Kinde nicht jene einzigartige, dauernde und uner-

setzliche Innigkeit der Liebe und Verbundenheit geben, welche die M u t t e r dem

Kinde gibt; welche aber auch der Vater, die Geschwister und unter glücklichen

Umständen sogar das Gesinde gibt (Stellung der alten Ammen in den Märchen!).

Selbst die besten Lehrer in den Anstalten können ihren Schülern nicht ihre

ganze Seele schenken, nicht jene innige und einmalige Liebe, welche Mutter und

Vater und Geschwister dem Kinde geben. Denn der Lehrer wechselt jedes Jahr

seine Schüler, er kann nicht allen Hunderten und Tausenden mit ganzer Seele Mut-

ter und Vater sein. Selbst wenn er ein besserer Erzieher ist als die Durchschnitts-

eltern, auch im Unterrichte bessere Verfahren und gründlichere Kenntnisse hat,

kann er darum die Eltern bei weitem nicht ersetzen.

Wer Kinder, die aus Anstalten kommen, beobachtet — von den Waisen-

kindern bis zu den Zöglingen der alten Kadettenschulen und heutigen Land-

erziehungsheime —, wird die Anstaltskinder fast immer gemütsarm, ja verhärtet

finden. Die in der Anstalt Erzogenen kennen nicht den letzten süßen Kern der

Treue und Liebe zwischen Menschen. Sie sind nicht von jener ganzen Hingabe

aufgeschmolzen, kennen nicht jene absolut innige Gezweiung zwischen Mensch

und Mensch, die durch das Natürlich-Hegsame des Mutterherzens selbst in der

Durchschnittsfamilie erreichbar ist. In der Anstalt muß Zucht, Drill und Seelen-

losigkeit notwendig an die Stelle der Innerlichkeit bis zu einem gewissen Maße

treten. Darum dem Anstaltskinde die Klage, in die die Dichterin das Waisenkind

ausbrechen läßt, aus der Seele gesprochen ist:

„Niemand, niemand liebt mich ganz

Bis ins Innerste der Seele.“

e.

Formen und Geschichte der Familie

Überblicken wir die Formen der Familie, so finden wir in Ge-

schichte und Völkerkunde so ziemlich alle denkbaren Möglichkeiten

erschöpft.

Die Einfamilie oder Monogamie;

/

die Vielweiberei oder Polygynie (auch ungenau Polygamie genannt), darin be-

stehend, daß ein Mann mehrere Frauen hat;