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schaft. Das ist denn auch eine entscheidende These Spanns: daß sich

das ständische Prinzip als Grundgestalt des gesellschaftlichen Lebens

immer wieder in irgendeiner Weise durchsetzt. Er betont auch nach-

drücklich, daß eine Verwirklichung ständischer Prinzipien niemals

gewaltsame staatliche Ordnungssetzung sein dürfe, sondern an die

spontanen Bildungen des sozialen Lebens anknüpfen müsse, daß

also das Leben nicht vergewaltigt werden, sondern aus seiner we-

senseigenen Ordnung sich entfalten solle. Daß Spann sein Prinzip

tief genug faßt, um es elastisch dem geschichtlichen Formenwandel

anpassen zu können, zeigt sich darin, daß schon in „Der wahre

Staat“ der von manchen Autoren später entwickelte Gedanke der

Bildung von beruflich gemischten „Leistungsgemeinschaften“ seinem

Inhalte nach klar herausgearbeitet wird

1

. Selbst der Gedanke der

Mitbestimmung — bei Spann „Mitwirkung der Arbeiter“ genannt

— wird als Erfordernis einer ständischen Ordnung aufgezeigt

2

.

Spann steht hier durchaus in der Tradition organisch-ganzheitlicher,

keineswegs organizistischer Gesellschaftsauffassung und weist auf

gewisse Weiterentwicklungen hin, an die im Jahre 1921 nur wenige

gedacht haben mögen. So ist es für ihn auch selbstverständlich, daß

moderne Berufstände verhältnismäßig selbständige Unterverbände

für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bilden müßten.

(3)

Auf den stärksten Widerstand der Kritik ist die Formulierung

Spanns vom „staatstragenden Stand“ gestoßen. Was Spann hier

klarerweise im Auge hat, sind die spezifischen Sonderaufgaben des

Staates, die Tatsache also, daß es immer eine bestimmte Gruppe von

Menschen ist, die die Aufgaben des Staates zu erfüllen hat. Diese

Tatsache sollte auch praktisch nicht hinter kollektivistischen Illu-

sionen versteckt und das staatliche Handeln nicht anonymisiert

werden. Von einer „Verstaatlichung“ der Gesellschaft und der ge-

sellschaftlichen Verrichtungen kann bei Spann nicht die Rede sein.

„Die Herrschergewalt der Stände ... leitet sich nicht vom Staate

ab, sondern sie ist aus sich selbst begründet“

3

. Man wird freilich

feststellen müssen, daß die mit gutem Recht hervorgehobene Not-

wendigkeit einer Erziehung zum politischen Führertum in Spanns

Werk nicht in ihrer ganzen, zeitgemäßen Problematik behandelt ist.

1

Siehe oben S. 296

2

Siehe oben S. 297 f.

3

Siehe oben S. 329.