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Versagens, allgemein auf das Gemeinwohl hin, um die führende

Rolle des Staates zu begründen, und auf das Prinzip der Subsidiari-

tät, wo die Dezentralisierung der Macht im Interesse einer freiheit-

lichen Ordnung hervorgehoben werden soll. Schließlich hatte es sich

— weithin im Sinne der Warnungen Spanns — erwiesen, daß die

individualistischen Grundsätze der neuen Demokratien Mitteleuro-

pas nach 1918, soweit sie nicht vorübergehend von außen gestützt

wurden, die Völker und Staaten auf den Weg über kraftlose Anar-

chie und ertötende Versteifung der Interessengegensätze zum Tota-

litarismus geführt haben. Die schonungslose Verurteilung einer auf

individualistischen Prinzipien aufgebauten „Demokratie“ besteht

durchaus zu Recht.

In diesem Zusammenhang muß auch eine leicht mißverständliche

Kritik Spanns am „Zeitgeist“ in das rechte Licht gerückt werden.

Wenn nämlich Spann von „Naturrecht“ spricht, ist — in freilich

einseitiger Ausdrucksweise — nur das individualistische Naturrecht

der Aufklärung gemeint. Diese individualistische Auffassung des

Naturrechtes gehört zu den Brüchen im sozialen Ordnungsdenken.

Sie hat gänzlich andere Folgerungen als der Naturrechtsbegriff der

großen rechtsphilosophischen Tradition des Abendlandes. Daß es

nicht möglich ist, Spann infolge seiner Ablehnung des „Naturrech-

tes“ etwa zu den Rechtspositivisten zu rechnen, bedarf wohl keines

weiteren Beweises für jene, die auch nur einen Blick in sein Werk

geworfen haben.

(2) Was den zweiten Punkt, den Begriff einer „ständischen Ord-

nung“ der Gesellschaft betrifft, sollte man sich weniger an verfehlte

Interpretationen und ebenso verfehlte geschichtliche Realisierungs-

versuche halten als den menschlichen und sozialen Kern dieses Ord-

nungsprinzips. Man könnte sehr wohl überlegen, inwiefern es nicht

durchaus demokratischen Charakter hat, ja vielleicht geeignet ist,

die Tendenzen der Demokratie der Gegenwart zur Konstituierung

eines leblosen Gleichgewichts zu überwinden. Schließlich ist dieser

Gedanke einer ständischen Ordnug in den großen Ordnungstradi-

tionen seit der Antike immer wieder aufgetaucht. Daß er sich über-

dies — darauf weist Spann mehrfach hin — in der Wirklichkeit,

insbesondere des wirtschaftlichen Lebens, immer irgendwie geltend

macht, kann wohl nicht geleugnet werden. Schließlich gehört ge-

ordnete Kooperation zu den Wesenserfordernissen jeder Gesell-