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zen Menschen ansprechen. Denn die geschichtlich konkrete, lebens-
echte oder lebenswidrige Gestaltung des sozialen und politischen
Lebens kann selbstverständlich nicht allein den Bemühungen sozial-
wissenschaftlicher Analysen zugerechnet werden. Hier wirken weit
umfassendere geschichtliche Zusammenhänge, in denen auch die
wissenschaftlichen Bemühungen selbst stehen. Darum enthält nicht
nur jede lebensechte sozialwissenschaftliche Analyse notwendig Ele-
mente einer theoretischen Anthropologie. (Auch Spanns fundamen-
taler soziologischer Befund der „Gezweiung“ ist zugleich ein anthro-
pologischer Befund.) Darüber hinaus aber ist mit gleicher Notwendig-
keit das praktische soziale und politische Gestalten primär von je-
nen Kräften getragen, die den geistigen — und hernach sittlichen —
Grundentscheidungen entspringen, mit denen der Mensch seiner
Freiheit Gehalt und Richtung gibt. Organisatorische Prinzipien allein
können wohl als lebensgerecht oder lebenswidrig erkannt werden.
Praktisch und konkret aber wird eine lebensgerechte soziale und
politische Ordnung nur aus dem Grunde eines wesensgerechten
Menschenbildes und einer seinsgerechten Haltung geschichtlich eini-
germaßen — einigermaßen, w e i l geschichtlich — verwirklicht
werden können.
Dies im Sinne Spanns zu betonen erschien uns notwendig, weil
man, im Gegensatz zu seiner ausgesprochenen Überzeugung, aus
„Der wahre Staat“ eine einseitige Überbetonung des Institutionellen
herauslesen zu können meinte und eine einseitige Überbetonung
des machtgetragenen Organisierens und des organisatorischen Über-
machtens bei der Frage der praktischen Bewältigung der sozialen
und politischen Probleme der Zeit. Spann aber sagt mit allem Nach-
druck: „ . .. Gerade die innere Einheitsbeziehung zu den höchsten
geistigen Gütern der Kultur ist das letzte Kriterium einer Zeit,
einer Verfassung, eines politischen Systems, einer Gesellschaftord-
nung
1
.“
Zu all dem kommt noch ein anderes, das der heutige Leser von
Spanns Werk wird bedenken müssen. Es gibt gewisse soziologische
Termini, die wohl vor vierzig Jahren noch mit einem einigermaßen
eindeutigen Inhalt verbunden werden konnten, heute aber kaum
mehr für klare Aussagen brauchbar sind. Man denke beispielsweise
1
Siehe oben S. 272.