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die Eigenart des als Gesellschaft Zusammengefaßten nach seinem Ge-

samtzusammenhange zu bestimmen. Geschieht dies dann mit negativem

Erfolge, z. B. im Falle der Bestimmung als Wechselwirkung in einer

solchen Weise, daß wegen der selbständigen kausalen Bestimmtheit der

Elemente eine Gesetzmäßigkeit und damit eine Beschreibbarkeit des

Ganzen als solchen abgelehnt wird, so birgt dies notwendig den

Widerspruch, daß eben das, was seinem Sinne nach als etwas die

Zusammenfassung „Gesellschaft“ und „gesellschaftlich“ (und zwar als

eigenartiger Gesamtzusammenhang des Zusammengefaßten, als Ganzes,

von dem gehandelt wird und dessen Erkenntnis damit für möglich und

notwendig erachtet erscheint) Rechtfertigendes v o r a u s g e s e t z t ist,

im Ergebnisse wieder verneint wird. Wer n i c h t

d i e

U n g ü l t i g k e i t d e r P r ä m i s s e und das heißt dann des

problematisierten Tatbestandes l e u g n e t ,

k a n n

e i n e r

g r u n d s ä t z l i c h p o s i t i v e n L ö s u n g d e s g e s e 1 1 s

c h a f t s b e g r i f f 1 i c h e n P r o b l e m s n i c h t

m e h r e n t r i n n e n . Die Ungültigkeit der Problematisation

überhaupt leugnen, hieße aber, die gänzliche Selbständigkeit und

Unabhängigkeit der sozialen Einzelwissenschaften einander gegenüber

behaupten.

Zum Schlusse tritt an uns, um Mißverständnissen, die bedauerlich

wären, vorzubeugen, die Pflicht heran, noch hervorzuheben, daß unsere

Kritik von S i m m e l s erkenntnistheoretischer Begründung des

psychologischen Gesellschaftsbegriffes nicht S i m m e l als Soziologen

überhaupt treffen soll, vielmehr nur S i m m e l als Erkenntnistheoretiker

der Sozialwissenschaft, oder genauer: den Gesellschaftsbegriff, den er

verficht. Nicht einmal dieser Erkenntnistheoretiker der Sozialwissenschaft

aber will im obigen so anerkennungslos abgewiesen sein, als es den

Anschein haben könnte. S i m m e l ist — etwa von D i 1t h e y , der

Versprochenes noch einzulösen hat, abgesehen — der einzige und erste

Erkenntnistheoretiker der psychologistischen Soziologie. Erst wenn man

dies bedenkt, wird man die Schwierigkeit und Verdienstlichkeit seines

Unternehmens würdigen. — Was S i m m e l sodann als soziologischer

E i n z e l f o r s c h e r u n d a l s S o z i a l p h i l o s o p h im engeren

Sinne der Sozialwissenschaft ist, das ist mit der obigen Kritik ganz

unangetastet. In Hinsicht auf seine Einzelforschung ist es die

ungewöhnliche Feinheit und Eindringlichkeit seiner Analyse, in Hinsicht

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