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soll. Darum wurde der Grundsatz der Gerechtigkeit von altersher
mit den Worten ausgedrückt: „Jedem das Seine“.
Die Gesellschaft hat den V o r r a n g vor dem Einzelnen, der
Glied ist — aber als solches Eigenleben besitzt — also durch das
Ganze nicht vernichtet wird. Das G a n z e i s t v o r d e m T e i l .
Der Wille des Staates wird jetzt nicht mehr zentralistisch, ato-
mistisch und mechanisch gebildet, sondern muß aus den Sacher-
fordernissen des staatlichen Lebens abgelesen werden, er ist also
überindividuell. S a c h v e r s t ä n d i g k e i t u n d F ü h r u n g sind
nun für jeden Lebenskreis notwendig. Die O r g a n i s i e r u n g
d e r e i n z e l n e n L e b e n s k r e i s e e r g i b t d i e Stände. Staat,
Kirche und Wirtschaft sind die wichtigsten Stände. A u c h d e r
S t a a t i s t e i n S t a n d . Seine Aufgaben werden daher wesens-
gemäß nicht von „Beauftragten“ der Masse (in Wahrheit den po-
litischen Parteien), sondern von einem staatstragenden, dafür we-
sentlich erzogenen Menschenkreise besorgt.
Die wichtigsten F o r m e n u n i v e r s a l i s t i s c h e r A u f f a s s u n g sind:
1.
Die Einheit von Kirche und Staat (Theokratie), wie sie in der alten Welt,
bei den Germanen und im Orient in verschiedenen Formen herrschte;
2.
die vollkommene Auffassung des Umversalismus ist sowohl in staatlicher
wie wirtschaftlicher Hinsicht die k ö r p e r s c h a f t l i c h - g e n o s s e n s c h a f t -
l i c h e , w e l c h e i m w e i t e s t e n S i n n e d e s W o r t e s d i e „ s t ä n -
d i s c h e “ z u n e n n e n i s t ;
3.
hiermit sehr verwandt ist die Auffassung des Staates als eines Organismus,
die grundsätzlich richtig ist, aber insofern fehlgeht, als sie mit physiologischen
„Analogien“ Ernst macht;
4.
der Sozialismus, der aber mehr Gemeinsamkeit des wirtschaftlichen Han-
delns als die geistige Seite im Auge hat und infolgedessen eine materialistische
und mechanische Entartung des Universalismus darstellt (Gleichheit!, Kollekti-
vismus!);
5.
die Sozialreform, welche in die gegenwärtige individualistische Wirtschafts-
ordnung durch organisatorische Maßnahmen zugunsten der benachteiligten Klas-
sen universalistische Bindungen einfügen will;
6.
ähnlich in geistig-kultureller Hinsicht der völkische Gedanke (Nationalis-
mus).
Aus all’ dem folgt: Universalismus ist nicht gleichzusetzen mit K o l l e k -
t i v i s m u s , das heißt S o z i a l i s m u s (welcher die Glieder atomisiert, das
Ganze mechanisiert); er ist auch nicht gleichzusetzen mit „ S o l i d a r i s m u s “
1
.
1
Über diesen vgl. oben S. 109.