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A. Die empiristische Gesellschaftsphilosophie und der
Individualismus
1.
G e s e l l s c h a f t s p h i l o s o p h i s c h e G r u n d e i n s t e l -
l u n g u n d V e r f a h r e n l e h r e
Der Empirismus im weitesten Sinne — worunter wir jede Art
von Naturalismus, also Sensualismus, Relativismus, Nominalismus,
Agnostizismus verstehen — ist dadurch gekennzeichnet, daß er alles
Dingliche, Gegenständliche (den Substanzbegriff) auflöst. Denn die
„Erfahrung“, von welcher jeder Empirismus allein ausgeht, kann nie
als schlechthin Bestimmtes und als Gesamtganzes gegenständlich ge-
geben sein, sondern immer nur in Stücken, in Bestandteilen, in
Atomen, deren Auftreten wechselnd und ungewiß ist. Daher sehen
wir auf allen Wissensgebieten die gleiche Auswirkung des empiristi-
schen Standpunktes:
In der Erkenntnistheorie leugnet er die Wahrheit und wird da-
durch Relativismus;
in der Ontologie das übersubjektive Sein und ist dadurch einer-
seits Solipsismus (mag diese Folgerung noch so sehr vermittelt und
versteckt sein), andererseits, nämlich in der naturwissenschaftlichen
Grundeinstellung, Atomismus;
/
in der Psychologie leugnet er die Seele und wird dadurch zum
psychologischen Atomismus, wie er in der Assoziationspsychologie
(der „Psychologie ohne Seele“) zur klassischen Ausbildung kam;
in der Sittenlehre leugnet er das Über-Dir, das Ursprünglich-
Überindividuelle, und dessen arteigene Verbindlichkeit, indem er
vom Nutzen der Gesellschaft für den Einzelnen ausgeht, und wird
dadurch zum Utilitarismus;
in der Verfahrenlehre endlich leugnet er überall den sinnvollen
und zweckvollen Zusammenhang der Forschungsgegenstände der
einzelnen Wissenschaften und begründet damit notwendig einen
kausal-mechanischen Standpunkt, sei es in der Prägung Humes, sei
es in der Prägung der Laplaceschen Weltformel (= wenn die Ansätze
und Randwerte gegeben sind, wird weitergerechnet), sei es in der
Prägung des späteren „Positivismus“ oder in noch anderen Abarten.
Die Reihe dieser Entsprechungen, die der empiristisch-natura-
listische Standpunkt überall hervorbringt, ließe sich leicht vermeh-
ren, wie jedem Kenner wohlbekannt ist. Uns kommt es aber auf