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Der Idealismus ist dadurch gekennzeichnet, daß er ein in sich

selbst bestimmtes Objektives, ein Über-Dir, annimmt, z. B. die

Ideenwelt Platons, den „objektiven Geist“ und „absoluten Geist“

Hegels. In der Erkenntnistheorie verleiht dieses gegenständliche

und verbindliche Über-Dir dem Erkennen die Wahrheit; in der

Seinslehre überwindet es den Solipsismus und wird zum ontologi-

schen Objektivismus; da das Über-Dir etwas Verbindliches, Sinn-

volles, Zweckhaftes ist, herrscht die Neigung, keinen Atomismus

anzuerkennen, sondern den objektiven Geist selbst in der Natur

zu suchen (Aristotelische Teleologie, Schellings Naturphilosophie);

in der Psychologie wird die Seele als das Ursprüngliche betrachtet,

die Vorstellungen und anderen, seelischen Einzelerscheinungen als

das Abgeleitete (wofür die Lehre vom Intellectus agens der Aristote-

liker, von der „Selbstsetzung des Geistes“ der deutschen Idealisten

ein Beispiel bietet); in der Sittenlehre wird eine Verbindlichkeit

und ein Inbegriff des Sollens anerkannt, das sich nicht vom Ein-

zelnen ableitet, daher auch nicht aus bloßer Nützlichkeit kommt:

apriorische Ethik, Wertethik, metaphysische Güterethik gegen

Utilitarismus; in der Verfahrenlehre endlich ist damit ein Stand-

punkt gewonnen, der keineswegs die kausal-mechanische Auffassung

billigt, sondern überall ein Sinnvolles, Geistiges, das heißt aber:

Zweckhaftes oder Ganzheitliches als das die Erscheinungen Bestim-

mende betrachtet. Die Verfahrenlehre Platons, Aristoteles’, der mit-

telalterlichen Scholastiker (die neueren sinken schon manchmal zu

Hume herab), Fichtes, Schellings, Hegels sind dafür Beispiele aus

der älteren Zeit, die Vitalisten und die Ganzheitslehre des Ver-

fassers Beispiele aus der gegenwärtigen.

Das Wahrzeichen aller dieser Entsprechungen, die der ideali-

stische Standpunkt in der Beurteilung der verschiedenen Gesell-

schaftsgebiete findet, ist nicht Atomismus und Individualismus, son-

dern: U n i v e r s a l i s m u s u n d O b j e k t i v i s m u s . (Andere

Namen für Universalismus wären: „Transpersonalismus“, „über-

individuelle Auffassung“, „Sozialprinzip“, ungenau, weil mit sozia-

listischen Sonderlehren vermengt, ist der Name „Kollektivismus“,

ebenso „Sozialismus“, der geistesgeschichtlich vom Marxismus be-

stimmt ist; andere Namen für „Objektivismus“ sind: der „Realis-

mus" des Universalienstreites im Gegensatze zum „Nominalismus“;