336
schäften ist eben die Philosophie mehrfach wichtig. Schon rein
methodologisch und logisch (z. B. die neuere Kontroverse über „Sein und
Sollen“, Theorie und Politik); außerdem aber, und noch weit mehr, in der
Grundauffassung vom Wesen der menschlichen Gemeinschaft, den
lebendigen Begriffen von Staat und Recht, denn diese sind in den letzten
Begriffen der Philosophen verankert. Ob die menschliche Gemeinschaft
individualistisch oder universalistisch (organisch) begründet und erfaßt
wird, ändert nicht nur (und das spielt wieder in die jetzige eben erwähnte
Kontroverse hinein) die Stellungnahme in den politischen Disziplinen,
sondern hat auch eine mächtige R ü c k w i r k u n g a u f d e n
A u f b a u d e r T h e o r i e. Denn indem die Ansichten über die
Stellung des Individuums innerhalb Gesellschaft, Staat und Wirtschaft sich
ändern, sowie die Ansichten über deren Zusammenhalt im Ganzen der
Gemeinschaft, ja damit über die soziale Natur des Individuums als dem
Träger der wirtschaftlichen und staatlichen Erscheinungen, haben sich
auch die Ansichten über den G e g e n s t a n d der Wirtschafts- und
Staatswissenschaften geändert, und damit sind die ersten Begriffe und
Grundlagen der Nationalökonomie und Staatswissenschaft verändert.
Daher mußte der Historismus, indem er die atomisierende Methode des
Smithianismus anfocht und die historisch gewordenen Zustände der
Gemeinschaften allein als Gegenstand der Wissenschaft anerkannte,
zugleich den individualistischen Gemeinschaftsbegriff, der die
Voraussetzung jenes atomisierenden Verfahrens (im Grundsatz) ist,
verneinen und in der Richtung eines mehr organischen Staatsbegriffes
seinen Träger der wirtschaftlichen Erscheinung suchen, nämlich in der
Entwicklung der historischen Gemeinschaften selber, statt im autonomen
Individuum. — So also wird Aufbau, Geist und Inhalt auch der Theorie von
sozialphilosophischen Voraussetzungen beeinflußt.
Die Meinung, man könne sich diesen Fragen gegenüber in der Praxis der
Forschung gleichgültig verhalten, wäre eine Selbsttäuschung, die sich bei
jedem Hinausgehen über engere Sonderprobleme rächen würde. Gerade
solche Autoren, welche philosophische Erörterungen am energischesten
ablehnen zu müssen glauben, fallen ihr dann hinterher um so wehrloser
anheim. Dafür bietet in jüngster Zeit das vielbesprochene Werk von
S c h u m p e t e r ein Bei-