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duums gründet sich zunächst ganz auf die sittliche Tat schlechthin, „das

Ich setzt sich selbst“. Da aber diese Selbstsetzung des Ich von sich selbst

heraus nicht möglich ist, so bedarf das Ich dazu eines ersten Antriebes,

eines Aufschwunges, einer Auferweckung durch ein anderes geistiges

Wesen. So v o l l e n d e t

s i c h

d e r

B e g r i f f

d e s

I n d i v i d u u m s f ü r F i c h t e e r s t i m Z u s a m m e n s e i n

m i t a n d e r e n I n d i v i d u e n , das heißt in der Gemeinschaft.

„Sollen überhaupt Menschen sein“, so sagt Fichte in den Grundlagen des

Naturrechtes, „so müssen mehrere sein. Sobald man den Begriff des

Menschen vollkommen bestimmt, wird man von dem Denken des

einzelnen hinausgetrieben zur Annahme eines zweiten, um den ersten

erklären zu können. Der Begriff des Menschen ist sonach gar nicht der

eines einzelnen, denn ein solcher ist undenkbar, sondern der einer

Gattung.“

Damit hat sich die Auffassung vom Wesen der menschlichen

Gemeinschaft und ihrer Formen in Stadt, Gesellschaft und Wirtschaft ganz

zum Gegenteil entwickelt. Die deutsche Philosophie ist vom

Individualismus zum Universalismus übergegangen und hat diesen in allen

ihren bedeutenden Vertretern bis Flegel festgehalten und nach allen Seiten

hin ausgebildet. Es war vielleicht die größte Leistung des deutschen Geistes

in der Geschichte, den alten naturrechtlichen Individualismus zu zerstören

und eine solche tiefgegründete universalistische Staatsauffassung an seine

Stelle zu setzen, welche die Größe des antiken Staatsbegriffes erreicht hat.

Hegel hat auch an dieses Vorbild bewußt angeknüpft. Bei Fichte selbst ist

auf ökonomischem Gebiet die Konstruktion des geschlossenen

Handelsstaates als starre Konsequenz seiner universalistischen Auffassung

bekannt.

Die vorliegende Ausgabe reicht vollständig hin, um Fichtes

sozialphilosophische Lehren, und die Entwicklung seiner Ethik und

Philosophie gründlich zu verfolgen. In sorgfältiger Redigierung hat Fritz

Medicus, ein genauester Kenner von Fichtes Lebenswerk, eine vorzügliche

Auswahl vorgelegt. Sie enthält an sozialphilosophisch wichtigen Werken

nebst einer ausgreifenden biographischen und dogmatischen Einleitung

von Medicus, die selbst neben Kuno Fischers großem Fichte-Werk ihren

Wert hat, im ersten Band: die Vorlesungen über die Bestimmung des

Gelehrten und die grundlegenden Arbeiten über die Wissenschaftslehre;

hier könnte höchstens die für den jungen Fichte charakteristische Schrift

über die