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in Staat und Gesellschaft für die Vollendung seiner eigenen Wesenheit
nicht grundsätzlich nötig, somit irrational ist. Wie in der Naturrechtslehre
ist bei Kant das Individuum l o g i s c h früher da als der Staat. Dagegen
Marxens Entwicklungslehre gehalten, die den gesellschaftlichen Prozeß
ganz substantiell, um nicht zu sagen organisch, auffaßt, und sein bekannter
Satz, daß es nicht das Denken der Menschen sei, das ihr Sein, sondern ihr
Sein, das ihr Denken bestimme — dagegen überhaupt der ganze Geist des
Sozialismus gehalten, der mit der organischen universalistischen Staatsidee
auf das innigste zusammenhängt (Platon!), ergibt sich die Unmöglichkeit
einer wirklichen Synthese von Kant und Marx. Diese Unmöglichkeit
besteht auch auf rein methodologischem Gebiete, wie ein Blick auf die
materialistische Geschichtsauffassung lehrt, welche eben jene (nach Kant)
höchste, freieste Grundlegung des individuellen Geistes: das Moralische
und Ideelle, nur als naturhaftes Produkt der Entwicklung, als Spiegelung
des Materiellen betrachtet und somit in Widerspruch mit Kant gerät.
Die Neuausgaben der Werke von Fichte, Schelling und Hegel, welche
der Leipziger Verlag Meiner in vorzüglicher Anordnung und Auswahl
(Hegel vollständig) erscheinen läßt, kommen sehr erwünscht, weil die alten
Gesamtwerke vergriffen sind und nur zu ungewöhnlich hohen Preisen
gekauft werden können. Die Ausgabe F i c h t e s wurde eben rechtzeitig
zum 150. Geburtstag Fichtes (19. Mai 1912) abgeschlossen.
Der individualistische Grundzug der kantischen Staatsauffassung ist
nicht nur gegenüber den in Vorländers Buch dargestellten Versuchen, Kant
mit dem Sozialismus zu verbinden, festzuhalten, sondern auch gegenüber
der gesamten späteren philosophischen Entwicklung. Diese wendet sich
vom Individualismus ganz ab, zu einem Universalismus, dessen erhabene,
aber leider in der Bildung der Nation wieder verlorengegangene
Anschauung sie zu überwältigender Größe entwickelt. Und in Fichte
vollzieht sich dieser Schritt schon völlig.
Nach dem Sittengesetz ist, wie sich bei Kant zeigt, der Mensch nur als
isoliertes Wesen deduzierbar; er steht allein unter dessen Herrschaft, das
nicht mehr als die Anerkennung der persönlichen Freiheit und ihrer
Wirkungen gebieten kann, und so höchstens eine naturrechtliche
Verbindung normiert. Fichtes Begriff des Indivi-
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