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der am meisten vergemeinschaftenden Kräfte; diese allein herrschen

in Wahrheit (fördernd), die anderen dem Scheine nach.

Aus dieser Wahrheit ergibt sich ein tiefer Einblick in die organi-

satorische Bedeutung des Grundsatzes der Gleichheit: Wenn das

Beste wesensgemäß herrschen soll, so sollen nicht alle g l e i c h

herrschen, soll insbesondere nicht die Menge herrschen, die nach

dem Grundsatz der Gleichheit berufen wäre. Zu Ende gedacht,

bedeutet dies: daß jede Demokratie auf die Dauer die Kultur zer-

stören muß, weil sie grundsätzlich das geistig Niedere, nicht das

geistig Höhere zur Herrschaft bringt, weil sie grundsätzlich eine

dem Geistesgehalt „Kultur“ der Organisation „Staat“ wesenswidrige

Organisationsform ist (siehe z. B. die Geschichte der antiken Demo-

kratien).

Diese Überlegungen zeigen, wie die allgemeine Lehre von der

Organisation in die Lehre von den Organisationsformen und damit

insbesondere in die allgemeine Staatslehre übergeht.

Auf solche Weise angeschaut ist die Einheit der organisierenden

G e w a l t e n der geschichtlich-gesellschaftlichen Welt eine viel be-

dingtere und geringere als die der tatsächlichen zum Leben kom-

menden Organisation und Satzungen. Denn was an solchen Or-

ganisationen jeweils wirklich entsteht, ist schon das Ergebnis der

Niederhaltung der einen und des Sieges der anderen Kräftegruppe

(z. B. Sieg der Demokratie oder Theokratie usw.), also eines statt-

gehabten Vereinheitlichungsvorganges. Die höchsten und wertvoll-

sten, gemeinschaftsfruchtbarsten Kräfte werden in a u f b l ü h e n -

d e n Gemeinwesen stets die ihnen kraft ihres inneren Wertes ge-

bührende Vormachtstellung (wenigstens der Tendenz nach) einneh-

men. Wie aber ihre reine Herrschaft aussehen könnte, zeigt, rein

konstruktiv, annähernd der platonische Staat. Aus der Philosophie,

dem höchsten Geistigen, entspringt dort die führende Gewalt, die

wertvollsten Personen und ihre Gemeinschaften wirken, un-

beschwert und ungestört von minder wertvollen und minder frucht-

baren, ihre Kräfte aus. Empirisch steht aber der Verwirklichung sol-

cher Wesensideale immer entgegen, daß in demselben Maße, als sich

andere Staatsglieder oder gar die Masse für die Teilnahme an je-

nem höheren Leben unfähig erweist, also die gemeinschaftsbildende

Wirkung jener höchsten Kräfte für sie nicht mehr fruchtbar werden

kann — in demselben Maße die Quelle der Übermacht des Wert-