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Daß ebenso in der Gesellschaftslehre und Sozialphilosophie der
Begriff des Staates, des Rechtes, der Organisation, des Volkstums
usw. entweder individualistisch oder universalistisch, z. B. natur-
rechtlich oder historisch, subjektiv-psychologisch oder objektiv, ge-
faßt werden müssen, beweist die Lehrgeschichte. Eine Entscheidung
zu vermeiden, ist überall unmöglich.
II.
Das Wesen des Universalismus im Gegensatze zum
Individualismus
Die Frage nach dem Wesen der Gesellschaft selbst ist es, die zum
Begriff des Universalismus unausweichlich hinführt. Die Gesell-
schaft besteht der äußeren Beobachtung, der handgreiflichen Er-
fahrung nach freilich aus Einzelnen. Ist nun die Gesellschaft aus
den Einzelnen in der Weise zusammengesetzt, daß diese das lo-
gische Erste, das Primäre sind und darum ihre Summierung erst die
Gesellschaft ausmacht?; oder besteht die Gesellschaft als logisch vor-
gegebene Wirklichkeit?, ist sie als eigene Ganzheit das Erstwesent-
liche, das Primäre und bestehen erst durch sie die Einzelnen? —
Dies ist die letzte unentrinnbare und überall in den Gesellschafts-
wissenschaften entscheidende Frage. — Die Antwort im ersteren
Sinne ergibt den Individualismus oder die Einzelheitslehre, die Ant-
wort im zweiten Sinne den Universalismus oder die Ganzheitslehre.
Einzelheitslehre und Ganzheitslehre sind daher, so kann man es
auch bestimmen, die Struktur- und Wesenstheorien und damit die
grundlegenden Lehrbegriffe aller Gesellschaftswissenschaften.
A. Der I n d i v i d u a l i s m u s
Der Individualismus geht davon aus, daß die Einzelnen von sich
aus (je durch sich selbst) existieren; daß sie daher durch ihre Wech-
selbeziehungen untereinander die Gesellschaft bilden. „Gesellschaft“
ist darum nach dieser Auffassung selber keine eigene, keine selb-
ständige Wirklichkeit, sondern nur etwas Abgeleitetes. Sie entsteht
und besteht nur als Summierung, als Haufen der Einzelnen. Außer
diesen Einzelnen existiert nichts Reales, nur von ihnen leitet sich
daher die „Gesellschaft“ — als Summationserscheinung — ab. —
Das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft ist damit im Grunde
9 Kleine Schriften