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Form der Gezweiung hat, er besteht geistig nur als Glied von Ge-
zweiungen. Damit ist der Einzelne seinem Wesen nach nur An-
lage, nur Potenz, das Wirklichwerden des individuellen Geistes ist
Aktualisierung, die durch Gezweiung, durch Ganzheit hervor-
gerufen wird. Dies ist die endgültige Bestimmung des soziologischen
Begriffes des Einzelnen im universalistischen Sinne. Die Würde des
Einzelnen, seiner Persönlichkeit, liegt in der Anlage, liegt darin, daß
er im höheren Ganzen vorgesehen, vorgedacht ist, das heißt h i n -
t e r der Aktualisierung durch Gesellschaft.
Hiermit ist auch schon das Verhältnis des Einzelnen zur Gesell-
schaft eindeutig bestimmt, es ist (1) ein objektiv (überindividuell)
bestimmtes und (2) ein durch und durch sittliches, denn die „Ganz-
heit“ ist kein fremdes, aus Summierung Anderer entstandenes Et-
was, in das man mit Nutzen „eintritt“ oder das man nach Willkür
verläßt, sondern es ist die Lebensform des Einzelnen, es ist seine
eigene geistige, seine innerlichste Wirklichkeit, sein höheres, objek-
tives Selbst! Dieselbe Sittlichkeit, die dem Einzelnen als Persönlich-
keit innewohnt, dieselbe Sittlichkeit waltet daher auch in der Ganz-
heit, da sie ja die eigentliche Quelle und Bildnerin des Einzelgeistes
ist! In diesem Sinne können wir hier Gesellschaft und Staat mit
einem Platonischen Worte die S u b s t a n z d e s G u t e n nen-
nen. Denn „Gezweiung“ kann ihrem Sinne nach nur das Wesens-
gemäße (Objektive, Ganzheitliche) in den Gliedern auf die Dauer
ausbilden — bei Strafe des Unterganges. Schon Augustinus zeigte,
daß der Staat, der Schlechtes ausbildet, sich in eine „Räuberbande“
verwandelt. Von selbst und notwendig ergibt sich hier auch die
innere E i n h e i t d e s R e c h t e s u n d d e r S i t t l i c h k e i t .
— Während der Individualismus den Unterschied von „Individual-
ethik“ und „Sozialethik“ machen muß, und während es ihm nie
gelingen kann, die Sozialethik über den utilitarischen Standpunkt
hinauszuführen (Gesellschaft als nützliche „gegenseitige Hilfe“, als
nützlicher „Vertrag“), kennt der zu Ende gedachte Universalismus
diesen Unterschied streng genommen nicht, da es nur ein Leben
geistiger Gemeinschaft ist, das im Einzelnen aktualisiert wird; darum
das sittliche Gesetz, das im Einzelnen wohnt, dasselbe ist, wie das
der „Gemeinschaft“, der „Gezweiung“, der Ganzheit überhaupt,
aus der es ja stammt. Es g i b t k e i n e „ H e t e r o n o m i e
d e s R e c h t e s “ , d i e d e r „ A u t o n o m i e d e r M o r a l “