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Unmöglich ist es, zu glauben, daß diese ganze körperliche Natur aus dem

Nichts gezogen worden sei, um einst auf ewig ins Nichts zurückzugehen...

Unserem Herzen genügt das bloße Geistesleben nicht. Es ist etwas in uns, das

nach wesentlicher Realität verlangt;... und wie der Künstler nicht ruht im

Gedanken seines Werkes, sondern nur in der körperlichen Darstellung und jeder

von einem Ideal entbrannte es in leiblich-sichtbarlicher Gestalt offenbaren oder

finden will: so ist das Ziel aller Sehnsucht das vollkommene Leibliche als Ab-

glanz und Gegenbild des vollkommenen Geistigen.

Schelling

1

I. Die Fragestellung

Daß der Mensch mit der Natur Verbindung hat, sie empfindet,

erkennt, werkzeuglich und als Lebensgrundlage benützt — wie ist

das zu erklären? Wir erfahren es zwar von Jugend auf, aber es ist

durchaus nicht selbstverständlich; am allerwenigsten nach den na-

turwissenschaftlichen Lehren, welche die neuzeitliche Bildung be-

stimmen.

Nach diesen steht der empfindende Mensch in der Natur wie ein

Fremdling da. Der Mensch weiß sich den „Reizen“ der Umwelt aus-

gesetzt, welche in seinen Sinnesorganen, Sinnesnerven und den zu-

gehörigen Rindenfeldern gewisse Vorgänge auslösen, die wieder

erfahrungsgemäß bestimmte Sinnesempfindungen zur Folge haben.

— Der alte Materialismus erklärte in seiner kindlichen Aufrichtig-

keit diese „Folge“, die Empfindung, als eine Art feinstofflicher Ab-

sonderung, „Phosphoreszenz“ und dergleichen, des Gehirns. Da

aber solche Absonderungen ebenso wie die Umwelt, die Reize, die

Organ- und Gehirnvorgänge stets nur physikalisch-chemische Vor-

gänge sind, ist und bleibt die Sinnesempfindung um eine Welt da-

von verschieden. Daher wurde man später (besonders seit Dubois-

Reymond) vorsichtiger und spricht nunmehr davon, daß die Emp-

findung „parallel“, als „Korrelat“, mit den betreffenden Umsetzun-

gen in den Sinnesorganen und den sensorischen Rindenfeldern ge-

geben sei.

1

In dem von M a n f r e d S c h r ö t e r aus dem Nachlasse zum ersten

Male veröffentlichten Bruchstücke „Der Frühling“. — Friedrich Wilhelm Joseph

von Schelling: Clara oder Über den Zusammenhang der Natur mit der Geister-

welt, aus dem Nachlasse herausgegeben von Manfred Schröter, München 1948,

S. 132.