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kung von Leib und Seele“ ausgeschlossen; ebenso wie übrigens der
„Parallelismus“ — was ich anderwärts darlegte). Die empfindende
Seele kann sich daher nur wieder mit etwas Seelenähnlichem, Geist-
artigem, Intelligiblem verbinden.
Womit sich die empfindende Seele berührt, ist nun in Wahrheit
tatsächlich ein Unstoffliches: der intelligible Wesensgrund der Dinge;
den eine wahre, über die verfahrenmäßig der Physik auferlegten
Vereinfachungen hinausgehende Naturanschauung den Dingen zu-
billigen muß: es gibt ein Immaterielles, welches den Naturdingen
zugrunde liegt! Alle stofflichen Naturdinge, z. B. Kristall, haben,
so behaupten wir (und begründeten es anderwärts eingehend) eine
i m m a t e r i e l l e W u r z e l , ein Vor- und Uberräumliches, ein
Intelligibles auf ihrem Grunde. Diese immateriellen Wurzeln der
Dinge unterscheiden sich vom menschlichen Geiste dadurch, daß sie
nicht d e n k e n , dagegen aber sich v e r r ä u m l i c h e n !
Ein Immaterielles ist es in Wahrheit, das sich in den stofflichen
Naturdingen, z. B. einem Kristalle, darstellt, ein Vor- und Über-
räumliches, das sich in ihnen erst verräumlicht. Der menschliche
Geist denkt, die Naturwesen verräumlichen sich!
Wir behaupten demnach: Nicht durch die Reize und die sich
daran schließenden Umsätze in den Organen, Nerven und Rinden-
feldern entstehen die Sinnesempfindungen; jene sind vielmehr nur
weckende Vor-Bedingungen der Empfindung. Erst durch die un-
m i t t e l b a r e Verbindung unseres Geistes mit dem immateriel-
len, überräumlichen Wesensgrunde der Naturdinge entsteht die
sinnliche Empfindung. Zuletzt gilt daher: A l l e s S e h e n i s t
H e l l s e h e n , a l l e s H ö r e n H e l l h ö r e n , a l l e s E m p -
f i n d e n H e l l e m p f i n d e n . Die Reize und ihre Folgezu-
stände dagegen sind nur als die in gewöhnlichen Zuständen unent-
behrlichen V o r b e d i n g u n g e n zu betrachten, welche die Seele
zu ihrer Tat, der Teilnahme am Inneren der Dinge, veranlassen.
Diese Einsicht allein enthüllt das Geheimnis der Sinnesempfin-
dung. Sie läßt dem Sensualismus sein Recht als der vollgültigen All-
tagserfahrung; deckt aber den verborgenen Grund des Geschehens
auf und erklärt dadurch auch das Außerordentliche.
Betrachten wir von dem gewonnenen Standpunkte aus die ge-
wöhnliche Sinnesempfindung, so ergibt sich von selbst die Probe auf
die Richtigkeit unseres Lehrbegriffes. Was ist in Wahrheit das Rät-