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handelt und grundsätzlich anerkannt, so daß sie heute keiner
eigenen Schilderung und Belege mehr, wie das etwa noch vor fünf-
zig Jahren der Fall war, bedürfen. Darum führen wir als einziges,
klassisch gewordenes Beispiel nur die von Justinus Kerner treulich
beschriebene „Seherin von Prevorst“ an. Die Seherin blickte z. B.
in ein mit Wasser gefülltes Glas — bekanntlich eine Art von Selbst-
hypnose, welche auch „Kristallsehen“ oder „Spiegelsehen“ genannt
wird —, verfiel dadurch in einen Trancezustand und sah ein be-
spanntes Gefährt durch ein entferntes Dorf fahren. Das Gefährt
traf tatsächlich in der angemessenen Zeit bei Kerner ein und ent-
sprach genau der von der Seherin angegebenen Beschreibung
1
.
Entscheidend ist unseres Erachtens der Umstand, daß hier wie
in unzähligen anderen Fällen (auch besser beglaubigten als etwa in
dem bekannten Ferngesichte Swedenborgs des Brandes von Stock-
holm), der gewöhnliche Reiz das Auge nicht treffen konnte! Was
ist daraus zu folgern?
Unwiderleglicherweise dieses: Daß auch beim gewöhnlichen Sehen
dieselbe Grundtatsache vorliegt, also der Reiz, und was ihm an
Vorgängen in Sinnesorgan, Nerv und Ganglien des Rindenfeldes
folgt, keine schlechthin unentbehrliche Bedingung der Empfindung
bilde;
daß ferner nicht die Vorgänge in Sinnesorgan, Nerv und Rinden-
feld es sind, welche empfunden werden (denn der Reiz traf die Sehe-
rin ja gar nicht und k a n n den Hellsehenden in den meisten Fäl-
len gar nicht treffen);
daß endlich, da die Vermittlung durch den Reiz und seine Folgen
fortfällt, eine u n m i t t e l b a r e Fühlung, Teilnahme, Verbin-
dung des Sehers mit dem Gegenstande stattfindet.
Da ergibt sich aber eine neue Denkaufgabe! Wie kann eine un-
mittelbare Verbindung der Seele mit einem stofflichen Gegenstande
(der z. B. gesehen wird) stattfinden? Da Seele oder Geist einerseits,
die Materie andererseits einander wesensfremd sind, können sie sich
nicht „berühren“; in welch weitestem Sinne man auch diesen Begriff
fassen möge. Eine unmittelbare Verbindung von Seele und Stoff ist
also nicht möglich (Darum ist auch eine unmittelbare „Wechselwir-
1
Justinus Kerner: Die Seherin von Prevorst, Stuttgart 1829. — Unzählige
Beispiele aus einem großen Schrifttum unter anderen bei Ernst Mattiesen: Der
jenseitige Mensch, Berlin und Leipzig 1925.