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erwähnt bleiben soll: es ist die A r b e i t , die Arbeit zur Herbei-
schaffung jener Stoffe, und aller damit zusammenhängenden (z. T.
auch geistigen) Hilfsmittel, welche die Grundlage der W i r t -
s c h a f t bildet. Die Wirtschaft erweist sich als die gesellschaft-
liche Entsprechung des organischen Stoffwechsels. Was der Stoff-
wechsel im Organismus, ist die Wirtschaft in der menschlichen Ge-
sellschaft. In der Wirtschaft wird der Mensch durch die eisernen
Bande immer erneuter Arbeit an die Natur gewiesen, und damit
in materieller, wie auch in geistig-sittlicher Hinsicht zum Dasein in
der Natur erzogen
1
.
In der stets erneuten Einverleibung von Stoffen liegt das eigent-
liche Geheimnis des Organismus beschlossen. Sie vor allem ver-
anschaulicht uns die Verwebung des menschlichen Organismus in
das Getriebe der Natur und macht uns damit verständlich, daß der
Körper zu diesem Zwecke bestimmter innerer L e i s t u n g s -
s y s t e m e bedürfe (worauf wir sogleich zu sprechen kommen).
Diese Verwebung wäre aber etwas Leeres und Vergebliches, wäre
damit nicht auch eine A n t e i l n a h m e a n d e r I n n e r l i c h -
k e i t d e r N a t u r verbunden. Was ist diese Innerlichkeit? Kurz
gesagt das, was uns unsere Sinnesempfindungen zunächst kundtun:
Licht und Farbe, Klang und Rhythmus, Geruch, Geschmack, Wärme
usw. sind selbst keine bloß stofflichen Prozesse oder Dinge, sondern
innere Zustände der Natur, ihre inneren Qualitäten
2
.
Während nun jene materielle Verwebung in die Natur durch be-
stimmte Leistungssysteme des Organismus geschieht, wird diese
Teilnahme an den inneren Zuständen durch das S y s t e m d e r
S i n n e s o r g a n e als den Grundlagen der Empfindung ver-
mittelt.
Hiemit haben wir aber bereits zwei Schichten, Stockwerke des
Organismus unterschieden: die Leistungssysteme und die Sinnes-
organe; denn es ist nun klar, daß der lebendige Organismus ist:
1
Dieser kurze Hinweis möge hier, wo uns der Organismus allein angeht,
genügen. Näheres in meiner Schrift: Fluch und Segen der Wirtschaft im Urteil
der verschiedenen Lehrbegriffe, oben S. 227 ff.
2
Eine weitere Begründung dieses, der heutigen materialistischen Auffassung
allerdings befremdlichen Begriffes, gab ich in meinem Buche: Naturphilosophie,
Jena 1937, S. 262 ff. (2. Aufl., Graz 1963, S. 232 ff. = Gesamtausgabe Othmar
Spann, Bd 15).