E r s t e r A b s c h n i t t
Einleitende Worte zur Rechtfertigung
unseres Unternehmens
Aus dem großen Antlitz der Welt leuchtet uns allezeit ein Blick
entgegen, der uns sagt: daß kein Ding für sich ist, noch sein kann,
sondern alles gehalten wird und Dasein empfängt von einem Grö-
ßeren, es Umfassenden, derart, daß es sofort ins Nichts versänke,
wenn es aus seinem Umfassenden herausfiele und für sich zu sein
sich unterfinge. Der Mensch müßte geistig absterben ohne jegliche
Gemeinschaft; kein Tier ist ohne Genossen, kein Halm ohne
Rasen; und wäre selbst ein Stein außer dem Elementarreich, die
Erde außer dem Himmelsgebäude denkbar?
Alles was ist, besteht als Glied eines Ganzen.
Dies ist der Grundgedanke der folgenden Blätter, der nicht neu
ist, sondern zu allen Zeiten ausgesprochen wurde, und ebenso in
der altindischen, altchinesischen, platonisch-aristotelischen, neupla-
tonischen und scholastischen Philosophie angetroffen wird, wie im
Gedankenkreise der altdeutschen Mystik und des deutschen Idealis-
mus; der aber auch, wie alle einfachen Wahrheiten, zu allen Zeiten
auf seine besondere Weise gefaßt und verwertet wurde. Neu möchte
darum an dem Versuch der folgenden Blätter recht eigentlich nur
die Wendung sein, ihn zur Grundlage des Wissensbegriffes zu
machen und von ihm aus die Wege und Verfahren der Forschung
zu gewinnen.
Wie das geschehen soll, wird sich zeigen. Aber dem Kundigen
fällt der Gegensatz sofort in die Augen, welcher zwischen der Auf- /
fassung der Dinge als Glieder einer Ganzheit, worin immer ein
Einiges, gleichsam Inniges, sowie Sinnvolles beschlossen ist, und dem
ursächlich-mechanistischen Verfahren der Naturwissenschaft besteht.
Das ursächliche Verfahren nimmt die Dinge folgerichtig nicht als
sinnvolle Glieder von Ganzheiten, sondern faßt sie in bloß mecha-
nischen, sinnfreien Abfolgen und Gleichzeitigkeiten auf; damit