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Wir schließen uns dem ontologischen Begriffe der Kategorien an

und sprechen daher von den Kategorien als den letzten Seinsweisen

oder den Urweisen des Seins. Sie sind nicht leere Formen, sondern

hervorbringend, wie sich zeigen wird.

Bevor wir zu ihrer Darstellung übergehen, sei noch eine Bemer-

kung über die Stellung der Kategorie der „Realität“, das ist des

Seins, die bei Kant erscheint und die Frage der Abgrenzung der

Kategorie vorausgeschickt.

Was die „Realität“ oder das Sein anlangt, so ist zu beachten, daß

nach ontologischer Fassung des Kategorienbegriffes das Sein zwar

bestimmte Weisen, Kategorien hat, das S e i n s e l b s t a b e r

k e i n e K a t e g o r i e , k e i n e W e i s e i s t . „Sein“ ist über-

all „Sein“, nach welchen Weisen, Kategorien es sich auch darstelle

(woraus allerdings nicht folgt, daß es leeres Sein oder „Sein über-

haupt“ gebe). Anders steht es, wenn die Kategorien erkenntnis-

theoretisch, im Kantischen Sinn gefaßt werden. Dann muß Reali-

tät, das heißt Wirklichkeit = Sein, in der Kategorientafel Vorkom-

men, aber nur deswegen, weil hier der Denkakt erst den Gegen-

stand, die Realität, begründet. Auf den Denkweisen oder Katego-

rien beruht nach Kant erst die Möglichkeit der Erfahrung. Daher

auch das „Sein“ in ihr g e d a c h t werden muß, eine Denkweise,

Kategorie ist. Wo aber, wie bei der ontologischen Auffassung, die

Kategorie eine Weise des Seins ist, kann „Sein“ selbst keine Weise,

keine Kategorie bilden.

In einem anderen Punkt befinden wir uns dagegen im Gegensatz

zur bisherigen ontologischen, nämlich der aristotelischen und schola-

stischen, Kategorienlehre. Bei Aristoteles sind, wie sich zeigte, die

Kategorien eigentlich nur Inhärentien der / Substanz. Sie sind dann

insofern keine eigentlichen S e i n s w e i s e n mehr, als alle an-

dern im System logisch vor dem Substanzbegriffe liegenden Be-

stimmungen des Seins nun nicht mehr zu den Kategorien gehören.

Daher zählten Potenz und Aktus sowie die vier „Prinzipien“ Form,

Zweck, Bewegung, Stoff bei Aristoteles nicht zu den Kategorien

1

.

Und entsprechend trennt die alte wie die neue Scholastik die soge-

nannten transzendentalen Bestimmungen des Seins oder allgemeine

Seinsweisen (modi generaliter consequentes omne ens), nämlich Ein-

1

Siehe oben S. 26 f.