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sinnfreie Abfolge der Erscheinungen nach dem Schema: auf A folgt
B, Antecedens — Consequens, in ihrer Gleichförmigkeit, darstellt,
was infolge des Fehlens sinnvoller Zusammenhänge am besten durch
mengenhafte Merkzeichen geschieht und daher schließlich im ma-
t h e m a t i s c h e n N a t u r g e s e t z g i p f e l t . Die Kantische
Ursächlichkeitskategorie besagt dasselbe, auch sie kennt nur „Suk-
zession und Simultaneität“, jedoch bedeutet ihr das Apriorische,
das der Kategorie zukommt, ein B a n d d e r N o t w e n d i g -
k e i t in der Abfolge von Ursache und Wirkung. Der Empirismus
dagegen erkennt keine Notwendigkeit der Abfolge, die ihm rein
empirisch bleibt, an. Die sinnfreie, mechanistische Betrachtung
der Abfolge von Ursache und Wirkung ist aber das Gemeinsame
der im übrigen wenig verschieden abgewandelten Kausalbegriffe
von G a l i l e i , B a c o n , H o b b e s , L o c k e , H u m e bis
zur Gegenwart. Insbesondere ist auch der von H u m e , C o m t e ,
M a c h , A v e n a r i u s begründete Begriff der im mathemati-
schen Sinn „funktionellen Abhängigkeit“ der Erscheinungen grund-
sätzlich der gleiche. Denn indem zum Beispiel die Veränderung
des Kreisumfanges als „Funktion“ des Radius dargestellt wird,
wird eben eine Abfolge B (Umfang) auf A (Radius) mathema-
tisch bestimmt und nichts mehr. Mit dem Begriffe der Kausalität als
mathematischer „Funktionalität“ soll jeder „Fetischismus“, das will
sagen, jede seelenartige Verbindung der Erscheinungen — etwa
wenn wir das Gefühl der K r a f t , das wir bei „Bewirkungen“
durch Muskelanstrengungen haben, auf physikalisch-chemische Vor-
gänge fälschlich übertragen — ausgemerzt werden, / soll der Be-
griff der r e i n e m p i r i s c h e n Gleichförmigkeit oder „Ge-
setzlichkeit“ der Abfolge streng zu Ende gedacht werden
1
.
In der empiristischen Verfahrenlehre sind es außer dem Begriff
der mathematischen Funktion hauptsächlich die Begriffe der
„ W e c h s e l w i r k u n g “ u n d „ B e z i e h u n g “ (Relation), fer-
ner der „ r e i n e n B e s c h r e i b u n g“, im besonderen sodann
des „ p s y c h o - p h y s i s c h e n P a r a l l e l i s m u s“, durch wel-
che der Ursachenbegriff heute nicht nur die Naturwissenschaften,
sondern auch alle Geisteswissenschaften beherrscht. „U r s ä c h -
1 i c h k e i t “ , „ m a t h e m a t i s c h e F u n k t i o n “ , „ W e c h -
1
Alles Nähere findet der Leser bei Else Wentscher: Geschichte des Kausal-
problems in der neueren Philosophie, Leipzig 1921.
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