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„Alles Geistige kommt nur in Gezweiung vor“; für ganzheits-
fremde: „Alle Tiere sind farbig“; „alles Geistige bedarf einer leib-
lichen Naturgrundlage“.) Dagegen sind die Urteile, die sich auf den
Stufenbau und die Teilinhalte beziehen („alle Raubtiere sind Säuge-
tiere“), ganzheitseigene, denn die höhere wie die niedere Stufe muß
immer der Ganzheit selbst angehören; es sind hier also nur ganz-
heitseigene Aussagen möglich.
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Das Urteil erweist sich nun nach allem bisherigen als der sich
gliedernde Begriff einer Ganzheit, welche Gliederung sich als Be-
s o n d e r u n g — nach unten hin — und als V e r a l l g e m e i -
n e r u n g — nach oben hin — darstellt, und zwar entweder die
Stufen oder die Teilinhalte betreffend.
Die Teilinhalte sagen stets eine Verallgemeinerung aus. Anders
gesagt, ist das ganzheitseigene Urteil die Feststellung gliedhafter
Verbundenheiten von Tatsachen. Das ganzheitsfremde Urteil kann
dagegen die Gliedhaftigkeit nicht erkennen, muß sie aber als solche
von unendlich ferner Ordnung, das heißt von Mittelbarkeit, voraus-
setzen.
Die „Verknüpfung“, „Beziehung“ von Subjekt und Prädikat
(langblühend), von der die klassische Logik ausgeht, erweist sich
nunmehr nicht als das Ursprüngliche des Urteils, sondern nur als
äußere Form. Daher sind sowohl die quantitativen Verhältnisse des
Urteils — partikuläre, singuläre Urteile usw. — wie auch die
grammatischen Formen nur von nebensächlicher Bedeutung. (Da-
mit ist auch die sogenannte mathematische Logik, „Logistik“, in die
engsten Schranken zurückgewiesen.) Die grammatische Form kann
auch schrumpfen („geh“, „es blitzt“), aber der gliedernde Sinn muß
bleiben. Da sowohl Stufe wie Teilinhalt als Subjekt wie als Prädi-
kat auftreten können, und zwar auch in ganzheitsfremden Verbin-
dungen (zum Beispiel „Farbigkeit kommt allen Tieren zu“), erge-
ben sich mannigfachere Verhältnisse, als sie die bloß formale Logik
kennt.
Jetzt wird uns erst das V e r h ä l t n i s d e r U r t e i l s e l e -
m e n t e zueinander klar: Es ist das ihrer Begründung, und zwar
durch Ausgliederung. Die Begründung geht entweder von der Ganz-
heit zu ihren Gliedern oder von der höheren Ganzheit (Stufe) zur
niederen. Im Urteil: „die Rose ist langblühend“, begründet das
Subjekt das Prädikat (langblühend), nämlich die Ganzheit die von
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