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Ganzheit. Es kann zwar von verschiedener Ganzheitsnähe, dem-

nach verschiedener Wesentlichkeit sein, es kann auch bloß aus dem

mittelbaren Zusammenhang von Ganzheiten entfernter Ordnung

stammen (so der Dachziegel, der auf den Kopf des Vorübergehenden

fällt), aber anders denn als Gliedliches kann es nicht entstehen noch

bestehen. Daraus ergibt sich der wichtige Satz: Jedes Akzidens ist

das, was es ist, nur im Verhältnis zum Ganzen; es hat aber in

s i c h

s e l b s t

w i e d e r

v e r h ä l t n i s m ä ß i g

S u b -

s t a n z n a t u r — nach Maßgabe seiner Gliedlichkeit

1

.

/

Aus diesem Satz der Gliedlichkeit, also verhältnismäßigen Sub-

stanzialität (Ganzheit) der Akzidentien folgt insbesondere, daß

die Veränderungen in der Natur nicht in dem hohen Maß wie die

aristotelische Naturlehre annimmt, auf dem „Untergang der sub-

stantialen Form“ beruhen, sondern auf Umgliederung. Die Natur-

vorgänge gehen ebenso wie die organischen und geschichtlichen als

Umgliederung von Ganzheiten vor sich, zum Beispiel die einzelne

Bewegung als Umgliederungsvorgang im Ganzen des „Gravi-

tationsfeldes“.

Was nun das letzte Merkmal des Substanzbegriffes anlangt, so er-

fährt gerade dieses durch die Ganzheit die bedeutsamste Berichti-

gung. Nur im Sinne der Kategorie der Unberührbarkeit ist das

Ganze jeder Stufe (oder als Teilganzes, Teilinhalt) dasjenige, das

eines Trägers nicht bedarf und in sich selbst Bestand hat — sofern

es selber das in sich Gegliederte ist, sofern es irgendwo „Mitte“ ist.

Aber sofern es selber Glied einer Ganzheit ist, ist es nicht das in

sich Bestehende, sondern das in oder an seiner Ganzheit Bestehende,

ist es Akzidens, nicht Substanz. Es ergibt sich der Begriff einer bloß

beziehungsweisen, bloß stufenhaften Substantialität. J e d e S u b -

s t a n z i s t z u g l e i c h A k z i d e n s , j e d e s A k z i d e n s

i s t z u g l e i c h S u b s t a n z — denn jedes Ganze ist zugleich

Glied, jedes Glied, seinen Untergliedern gegenüber, Ganzes. Abso-

lute Substanz ist nur das Urganze oder Gott.

1

Nach dem Eigenleben des Gliedes und nach dem Satz: Nichts ist nur Um-

kreis, nichts ist nur Mitte, siehe oben S. 245 ff.