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Unsere Behauptung, daß alle Mannigfaltigkeiten der philosophi-
schen Lehrgebäude sich auf zwei Grundunterschiede zurückführen
lassen, muß auf starken Widerspruch gefaßt sein. „Ist der Gegensatz
der Philosophien wirklich so einfach?“ wird man einwenden. „Gibt
es nicht weit mehr grundsätzliche Standpunkte und Möglichkeiten?“
„Wird der Reichtum der Geschichte der Philosophie dadurch nicht
geschmälert?“ — Nein. Der letzte Gegensatz der philosophischen
Grundbegriffe ist kein anderer und kann kein anderer sein als jener
von Idealismus und Empirismus. Gewiß liegt vielerlei zwischen den
zahlreichen Lehrgebäuden der Philosophie. Aber das alles sind ent-
weder Vermittlungen und Mischungen oder häusliche Zwiste im
gleichen Lager, Versuche mannigfachster Ausprägung und Durch-
führung der beiden Standpunkte im Gefüge wie in der Fassung der
einzelnen Begriffe. Der Namen sind viele, aber die Wesensunter-
schiede entstammen nur zwei Urgegensätzen.
Führt man das philosophische Denken auf seine reine Erstigkeit
zurück, so erkennt man klar, daß es nur zweierlei Möglichkeiten
geben kann: entweder man nimmt die Inhalte / der Erfahrung
wie sie kommen und gehen je für sich selbst, das heißt als Tatsachen,
als inhaltliche Bestimmtheiten schlechthin, dann betrachtet man sie
e m p i r i s t i s c h ; oder man erblickt in den kommenden und
gehenden Erfahrungsinhalten den Ausdruck, die Darstellung eines
Übersinnlichen, dann betrachtet man sie i d e a l i s t i s c h . In bei-
den Betrachtungsweisen kann es zu Vorbehalten, Einklammerungen,
Uberkreuzungen, Vermittlungen kommen: aber niemals kann ein
neuer Standpunkt gefunden, niemals kann etwas anderes als S i n n -
l i c h u n d Ü b e r s i n n l i c h einander gegenübergestellt wer-
den.
Prüft man von hier aus das sonst unabsehbar bunte Bild der
philosophischen Lehrgebäude in der Geschichte, so zeigt es sich uns
in solcher Vereinfachung und Klarheit, daß wir wieder Mut und
Vertrauen in die Wahrheiten der Philosophie und in den Wert ihrer
Geschichte fassen dürfen.
Nicht nur, daß die philosophische Welt nur in zwei Lager zer-
fällt, auch die Verschiedenheiten innerhalb der Lager zeigen sich
bloß als untergeordnete.