Table of Contents Table of Contents
Previous Page  4369 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 4369 / 9133 Next Page
Page Background

[55/56/57]

57

überhaupt. Indem allen Dingen ihr Wesensgehalt an- / erschaffen

wird, ihr Eigenes aber darin besteht, dieses Geschaffenwerden in

Schaffen ihrerseits weiterzugeben, auszugebären, geschieht es, daß

der e l e a t i s c h e S e i n s b e g r i f f d e s r e i n e n S i c h -

s e 1 b s t - g 1 e i c h - B 1 e i b e n s s c h e i t e r t

u n d

a l l e s

„ S e i n “ z u m „ T u n “ w i r d — zum nachschaffenden, in sich

sinnvollen und einheitsbezogenen Tun, nicht zum bloßen Flusse der

„Veränderung“. Dieses „Tun“ darf also nicht heraklitisch als bloßer

„Fluß des Werdens“, als „Veränderung schlechthin“, gefaßt werden.

Es ist ein E i n h e i t s b e z u g i n m i t t e n d e r V e r ä n d e -

r u n g vorhanden, und zwar ein zweifacher: erstens dadurch, daß

der Schaffende ein Dasselbiges, ein Gleichbleibendes vor s i c h

hat, das Vorgeschaffene, Eingegebene; zweitens dadurch, daß das

Schaffen, obzwar ein Verlauf, ein Wechsel von Setzungen, doch i n

s i c h selbst Einheit hat — das Schaffende ist Subjekt, Ganzheit,

Substanz. Zuerst also bildet die Eingebung das Eine, Bleibende, Be-

harrende im Wechsel, gegenüber der schrittweisen Entwicklung des

Schaffens; und sodann hat das Schaffen überdies in der sinnvollen,

gliedhaften Bezogenheit der Teile aufeinander eine eigene Einheit

in sich, ein Beharrendes auf eigener Ebene. Das Vorsein ist dem

Werden gegenüber unveränderliches, sich gleichbleibendes Sein. Es

ist ein Vorbild, das zum Dasein gebracht wird; und überdies hat

das werdende Dasein seine Einheit als Ganzes oder Subjekt in sich

1

.

Nunmehr ist genau einzusehen, warum der eleatisch gefaßte

Begriff des „Ding mit vielen Eigenschaften“ (dieses Ding „ruhend“

gedacht) unvollziehbar ist. D e n n n i c h t e i n „ H a b e n “ v o n

E i g e n s c h a f t e n f i n d e n w i r a n d e n s e i e n d e n

D i n g e n , s o n d e r n e i n A u s w i r k e n d e s e i n g e g e b e -

n e n W e s e n s , das schöpferisch, das in eigener Weise und darum,

wie die Sprache mit Recht sagt, als „Eigenschaft und als „Be-

s c h a f f e n - heit“, geschieht. Das Feuer wärmt, der Stein lastet, /

der Geist denkt — sie alle tun etwas Eigenes, stehen im eigenen

Schaffen, in „Eigen-schaften“. Alle Wesen tun das, was in ihrer

Wesenheit vorgeschaffen ist, und in diesem ausgebärenden Tun ist

das Dasein der Welt beschlossen. Jedes Seiende „tut“ etwas und ist

nicht mehr, wenn es nichts mehr tut. Aber dieses Tun ist nicht die

1

Vgl. Weiteres darüber unten S. 73 ff. und öfter.