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Zu Spanns Referat in der Frankfurter „Centrale“ gehörten vor allem die
unehelichen Kinder. 1904 veröffentlichte er in der Berliner „Zeitschrift für
Socialwissenschaft“ einen Aufsatz über „Die geschlechtlich-sittlichen
Verhältnisse im Dienstboten- und Arbeiterinnenstande, gemessen an der
Erscheinung der unehelichen Geburten“, worin er auf Grund von
statistischen Untersuchungen feststellt, daß ein Drittel der unehelichen
Geburten auf die Dienstbotenklasse entfällt, aber nur ungefähr 10% auf die
Arbeiterinnen, die trotz ihrer frühen wirtschaftlichen Selbständigkeit
nicht ihrer Familie entfremdet werden, und daher an ihr einen Rückhalt
finden, während das Dienstmädchen, das meist vom Lande kommt, in
frühem Alter seine eigene Familie verliert und ihrer Einflußsphäre
gänzlich entrückt wird. Auch werden viel mehr uneheliche Kinder von
Arbeiterinnen durch nachträgliche Heirat legitimiert als von Dienstboten.
So waren die Verhältnisse im Jahre 1904, seit sechs Jahrzehnten haben sie
sich aber wesentlich gewandelt. Die armen Dienstboten, deren trauriges
Los noch der Dichter Anton Wildgans in einem seiner schönsten Gedichte
beklagte, gibt es als Klasse heute nicht mehr. Wegen der durch die Technik
seither weit erleichterten Fabrikarbeit und insbesondere wegen des
zweitägigen freien Wochenendes wenden sich Mädchen und Frauen nur
noch dem Arbeiterstande zu. Hausgehilfinnen sind höchst selten
geworden, müssen als Mangelware hoch bezahlt werden und sind nur
noch in Familien von Spitzenverdienern zu finden.
Auch zwei weitere, in der gleichen Zeitschrift im Jahre 1904 von Spann
erschienene Aufsätze: „Die Stiefvaterfamilie unehelichen Ursprungs“ und
„Die unehelichen Geburten von Frankfurt am Main“ haben heute nur
noch historisches Interesse, da sie die Zeit von 1890—1903 betreffen.
Das gleiche gilt von den umfangreichen „Untersuchungen über die
uneheliche Bevölkerung in Frankfurt am Main“ in „Probleme der
Fürsorge“, Zweiter Band, Dresden 1905, „Die Verpflegsverhält- nisse der
unehelichen Kinder, besonders in ihrer Bedeutung für die Sterblichkeit
betrachtet“ im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“, Tübingen
1908, „Die unehelichen Mündel des Vormundschaftsgerichtes in Frankfurt
am Main“ in „Probleme der Fürsorge“, Fünfter Band, Dresden 1909, „Die
Lage und das Schicksal der unehelichen Kinder“, Leipzig und Dresden
1909, und „Die Le-