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B. P r ü f u n g

Da wir die Begriffselemente der ersten beiden Gottesbegriffe erst

später ausführlich behandeln werden, sei über Schellings Lehre

schon an dieser Stelle betrachtet.

Wir erklären von Anbeginn, daß wir diese Lehre Schellings ab-

lehnen, finden aber, daß sie mehr Beachtung verdient, als ihr ge-

schenkt wurde. Denn sie versucht, einen tieflebendigen Gottes-

begriff zu begründen, und deckt dadurch gewisse Schwächen aller

derer auf, die zwar in dem Begriffe der lauteren Wirklichkeit unse-

res Erachtens eine bessere Begriffsgrundlage besitzen, sich aber dar-

unter meistens nichts denken als das Einförmige.

/

1. Der I d e n t i t ä t s b e g r i f f

Die Identität ist uns grundsätzlich ein unzulänglicher Ausgangs-

punkt. Denn wenn auch einzuräumen ist, daß Gott die Gegensätze

von Materie und Geist in sich aufhebt, genauer überhöht, so ist

doch gerade mit „Identität“ oder „Indifferenz“ diese Aufhebung

oder Überhöhung nicht bezeichnet! Denn sind im Absoluten jene

Gegensätze nicht, so ist es müßig, von einer Identität derselben zu

sprechen; sind in ihm diese Gegensätze aber doch irgendwie, zum

Beispiel als die Gedankeninhalte Gottes, so müßte entweder das

Ideelle oder das Reelle — gedanklich — den V o r r a n g haben,

es müßte irgendeine Überordnung, eine innere Gliederung statt-

finden. Aber gerade damit ist die Identitätslehre wieder verlassen.

(Womöglich noch unglücklicher ist die Bestimmung als „Indiffe-

renz“, die noch offensichtlicher bloß verneinend ist. Aus einer blo-

ßen Verneinung folgt aber nichts.) Schelling hat in seiner späteren

„Potenzenlehre“ und in der Lehre vom „unvordenklichen Sein in

Gott“ und vom nachträglichen freien Denken in Gott den unklaren

Begriff der Identität und Indifferenz des Realen und Idealen selbst

verlassen und in dem Gedanken, daß Gott einen Teil von sich (eine

reale „Potenz“, das unvordenkliche Sein) sich zum Grunde macht,

um die Schöpfung zu ermöglichen, einen Vorrang selber aufgestellt.