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stellt
1
. Im folgenden wollen wir versuchen, ihn vom ganzheit-
lichen Standpunkte aus einer Untersuchung zu unterziehen.
Das geschieht am besten durch Vergleich des abgeleiteten Schaf-
fens mit dem Urschaffen. Wir fanden früher
2
im abgeleiteten Schaf-
fen als wesentliche Elemente: Das Ausgebärende, Auswirkende des
eigenen Schaffens, das auf Grund eines Vorgefundenen Bildes oder
des Geschaffenwerdens schafft; damit auch die Freiheit der An-
nahme (acceptatio); ferner: Das Geschöpf wird erst, wenn es
durch Schaffen die Gabe (das Geschaffen werden) annimmt; endlich:
Tritt die „Annahme“ ein, so ist damit das jeweilig Schaffende (das,
was als Vorbild vorgefunden wird und zum eigenen Schaffen be-
stimmt) lautere Wirklichkeit (actu), das ausgebärende Schaffen (das
Geschöpf) in Entwicklung.
Demgegenüber kennzeichnet sich das Urschaffen durch den einen
einzigen Hauptpunkt, den es ganz zu verstehen und zu ergründen
gilt: Im Urschaffen fallen Geschaffenwerden und Schaffen zusam-
men. Im Urschaffen wird nicht nach einem Vorgefundenen (Vor-
bilde) geschaffen. Es ist ein Uberschaffen, das wir darum nur un-
eigentlich zu erkennen vermögen.
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Darin liegen mehrere Bestimmungsstücke: (1) Der Setzungsakt
des Schöpfers ist zugleich die Erfindung des Vorbildes (was wir uns
durch den Gedanken an die blitzschnell auftauchende „Intuition“
begreiflich machen können). Das kann man auch umkehren: mit
der Erfindung des Bildes ist dieses auch schon gesetzt; (2) darum
bedarf dieses Setzen nicht eines An-erschaffens an etwas, was das
zu Erschaffende erst erhalten soll, anders gesagt, nicht eines Ein-
erschaffens in ein Geschöpf, das das Vorgefundene erst durch eige-
nes Schaffen nachzubilden hätte; (3) darum ist das Gesetzte selber
dem Setzenden kein Fremdes, ihm verhältnismäßig äußerlich Ge-
genübertretendes — kein Geschöpf, sondern selber durch und
durch schaffend. Es ist nicht nur rückverbunden, sondern zugleich
rückverbindend; (4) Da das Geschaffene unmittelbar und in sich
selbst schaffend ist, tritt auch keine Annahme (acceptatio) als eige-
ner Akt ein, und es bleibt auch keinerlei Möglichkeit (potentia)
zurück; es ist nichts Erleidendes in dieser Wirksamkeit, die eben
1
Siehe oben S. 29 ff.
2
Siehe oben S. 52 ff.