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mehr ist als das Endliche. Es ist zuerst der Begriff der Ganzheit
selbst, welcher durch die Gliedhaftigkeit jedes Ganzen auf eine
Begründung jedes Greifbar-Einzelnen durch ein Höheres hinweist,
das wohl auch der Erfahrung angehört, aber nicht mehr greifbar
einzeln ist (das Glied: Staatsbürger ist greifbar einzeln; das Ganze:
Staat ist es nicht mehr, als s o l c h e s erscheint es nicht, es er-
scheint in den Gliedern). Dadurch sind sowohl die bloß ursächliche
Verkettung, die notwendig immer auf derselben Ebene bleibt, wie
das Ungeklärte der Stellung der Substanzen zueinander überwun-
den. Doch kommen wir darauf erst später zu sprechen
1
. Es ist fer-
ner der Begriff der Ausgliederung, welcher die bloßen Bestimmun-
gen nach Quantität, Qualität usw., ebenso auch der Ursächlichkeit
hinter sich läßt und die Selbstsetzung, die Fichte aussprach, enthält.
Es ist endlich der Begriff der Rückverbundenheit, der, indem er die
bloße Einerleiheit des Seins mit sich selbst überwindet, das Über-
sinnliche inmitten der sinnlichen Erscheinung aufzeigt. Dies möge
nun in Kürze dargelegt werden.
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A. Die A u s g l i e d e r u n g
Die Ausgliederung ist nur als freie Selbsttätigkeit, als Selbstset-
zung oder Spontaneität zu begreifen. Es war die größte Tat Fichtes,
den uralten Gedanken der Selbstbewegung der Seele (Platon, Aristo-
teles und Nachfolger) in den klaren Begriff der Selbstsetzung des
Ich gefaßt und dadurch die Geisteslehre in diesem Punkte für immer
auf eine feste Grundlage gestellt zu haben
2
. Aber nicht nur die
Geisteslehre ist davon berührt. Auch dort, wo Leben, ja überall wo
Ganzheit ist, gilt derselbe Gedanke.
Ausgliederung, genauer: Ausgliederung im Sinne der Selbstset-
zung, ist bereits ein Begriff, der nicht mehr dem Endlichen oder
Bedingten in seiner eigenen Ebene allein angehört. Denn auf der
Ebene des Bedingten muß das Bedingte immer auf ein Bedingendes
zurückgeführt werden, das Bewirkte immer auf ein Bewirkendes,
1
Siehe unten S. 452 ff.
2
Vgl. darüber unten S. 191 ff.