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schlungener sind. In dieser kurzen Darlegung muß ich mich daher

mit Folgendem begnügen. Das Wesentlichste des Universalismus ist,

daß er den einzelnen Menschen in seiner Geistigkeit nicht als in sich

selbst beruhend und selbstbestimmt auffaßt, sondern g 1 i e d h a f t;

und das heißt, daß er in der geistigen Gegenseitigkeit der Indi-

viduen untereinander das eigentlich schöpferische, belebende Prin-

zip der Einzelnen erkennt. Glied weist auf Ganzes: Die „Gesell-

schaft" ist Ganzheit, ist daher eine eigene Realität. Die R e a l i -

t ä t der „Gesellschaft" liegt demnach nicht in der Summierung der

Einzelnen (wie beim Individualismus), und somit überhaupt nicht

primär im Einzelnen als solchem, sondern sie liegt in jener eigen-

artigen Daseinsweise des menschlichen Geistes, die in dessen g e i -

s t i g e r G e g e n s e i t i g k e i t u n d w e s e n h a f t e r V e r -

b u n d e n h e i t m i t d e m a n d e r e n G e i s t e , mit dem an-

deren Menschen gegeben ist: in der G e m e i n s c h a f t .

Daß diese Verbundenheit, daß jedes Verhältnis von Mensch zu

Mensch ein geistig-schöpferisches, ein moralisch wesentliches sei,

und somit der Einzelne, für sich betrachtet, überhaupt nicht exi-

stiert, daher auch als geistige Existenz nicht autark, die Gesellschaft

als solche nicht mehr ein bloßes Aggregat individueller Punkte,

sondern vielmehr die ihnen Leben gebende G a n z h e i t sei —

das ist der grundlegende und methodologisch entscheidende Ge-

danke des Universalismus!

Der Individualismus geht von dem Begriffe des absoluten Ein-

zelnen aus, das heißt des Menschen als einer geistigen Potenz, die

in sich beruht, die wesentlich auf sich gestellt ist (geistige Autarkie)

und die eine gesellschaftliche Verbindung, z. B. im Urvertrage,

nur des äußeren Nutzens halber eingeht. Der U n i v e r s a l i s -

m u s g e h t v o n d e m B e g r i f f e d e r G e s e l l s c h a f t

a l s e i n e r g e i s t i g e n G a n z h e i t a u s , deren geistige Glie-

der (Organe) bloß die Einzelnen / sind. Indem nun nach universali-

stischer Ansicht Kern und Angelpunkt des menschlichen Zusammen-

lebens in der geistigen G e m e i n s c h a f t o d e r „ G e z w e i -

u n g“ (infolge der Gegenseitigkeit mindestens zweier) liegt, wird

das Wachsen und Werden, das die Menschen aneinander erfahren,

eine eigene, eine selbständige Erscheinung, und zwar die Urerschei-

nung der Gesellschaft. Die gegenseitige Anfeuerung, Auferweckung,

die wechselseitige Entwicklung aneinander, welche weit über me-