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sind; wir finden sie ferner bei den soeben betrachteten nachkanti-
schen deutschen Idealisten, denen noch Karl Christian Friedrich
Krause (
1832)
1
, Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (
1834)
2
,
Fichte der Jüngere (
1879)
3
, Heinrich Moriz Chalybäus
4
, ins-
besondere aber der geniale Franz von Baader (1765—1841 )
5
hinzu-
zufügen wären: wir fanden sie endlich bei den Romantikern: Adam
Müller, Friedrich Schlegel, Josef von Görres, Henrik Steffens. Auch
der Vertreter Schellingischer Lehren Constantin Frantz (1817 bis
1891 )
6
muß hier genannt werden.
Wir finden in entsprechender Weise die empiristische Gesell-
schafts- und Staatslehre bei den S o p h i s t e n des Altertums
7
und
den ihnen verwandten späteren Schulen, wie z. B. den E p i k u -
r e e r n vorgebildet. In dem tief reli- / giösen Mittelalter dagegen
konnte eine empiristische Philosophie ebensowenig aufkommen
wie eine empiristische Gesellschaftslehre. Der scholastische No-
m i n a l i s m u s blieb in den empiristischen Ansätzen stecken.
Dagegen erscheint mit der Philosophie der Renaissance und Auf-
klärung, namentlich in Francis B a c o n , D e s c a r t e s , L o c k e ,
H u m e , H o b b e s , F e r g u s o n , ferner in V o l t a i r e ,
Q u e s n a y ,
T u r g o t ,
C o n d o r c e t ,
M o n t e s q u i e u ,
R o u s s e a u wieder die früher schon dargestellte
8
empiristische
Gesellschaftsbetrachtung, welche sich zuletzt in Auguste Comtes
„Positivismus“ von der Philosophie formell losreißt und zu einem
eigenen Sonderfache verdichtet, das er auf den Namen „ S o z i o -
1 o g i e“
9
taufte.
Den Spuren Comtes folgten dann Engländer und Amerikaner in
1
Carl Christian Friedrich Krause: Lebenslehre, Leipzig 1843, neu heraus-
gegeben von Hohlfeld und Wünsche, Leipzig 1904.
2
Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Entwurf eines Systems der Sitten-
lehre, Berlin 1833.
3
Immanuel Hermann Fichte: System der Ethik, 3 Bde, Leipzig 1850—1853.
4
Heinrich Moriz Chalybäus: System der speculativen Ethik oder Philo-
sophie der Familie, des Staates und der religiösen Sitte, 2 Bde, Leipzig 1850.
5
Franz von Baader: Schriften zur Gesellschaftsphilosophie, herausgegeben
von Johannes Sauter (= Die Herdflamme, Bd 14), Jena 1925.
6
Constantin Frantz: Der Föderalismus als das leitende Prinzip für die soziale,
staatliche und internationale Organisation, Mainz 1879.
7
Vergleiche dazu neuerdings Adolf Menzel: Kallikles, Wien 1922.
8
Siehe oben S. 45 ff.
9
Auguste Comte: Cours de philosophie positive, 6 Bde, 1830—1842, daraus:
Soziologie, deutsch von Valentin Dorn, 3 Bde, 2. Aufl., Jena 1923 ff.
6 *