Table of Contents Table of Contents
Previous Page  4955 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 4955 / 9133 Next Page
Page Background

[49]

79

die neuzeitlichen Erklärer am Individualismus und Subjektivismus,

von dem sie sich aber nicht zu befreien vermögen, groß geworden,

heute Platon, Aristoteles, Thomas individualistisch auslegen und

dabei Hegel nicht mit ihnen in Verbindung zu bringen wissen, so

ändert das doch nichts an der Wahrheit, daß sie beiden Teilen nicht

gerecht zu werden vermögen.

Allerdings kann bei Hegel manches der Prüfung nicht standhalten.

b.

Staatslehre

Hegel zeigte den Staat nicht als das erste aufbauende Element in

der Gezweiung (im Hergange der geistigen Erschaffung und geisti-

gen Ausbildung des Einzelnen) auf. Seine Begründung ist nicht

soziologisch, sondern ontologisch, kosmologisch. Er leitet alles aus

dem metaphysisch Uberindividuellen des absoluten Geistes, der

absoluten Vernunft, ab. Das wäre an sich selbst weniger ein Mangel,

war es jedoch gegenüber der hausbackenen Empirie, die nach Hegels

Tode überall einsetzte, die für metaphysische Gründe unempfindlich

war, aber für Beweise, welche aus der Zergliederung des Erfahrungs-

mäßigen gesellschaftlichen Herganges geschöpft sind (der Begriff der

Gezweiung ist ja ein analytischer), nicht unempfindlich hätte blei-

ben können.

c.

Das Überindividuelle. Dialektik

Daß Hegels Objektivismus mehr ein ontologisch-metaphysischer

als ein soziologischer sei (weil der Begriff der Gezweiung fehlt),

also gegenüber Fichte, Adam Müller und Baader einen Rückschritt

enthält, zeigte sich schon früher

1

. — Desgleichen, daß sein Begriff

der Durchdringung des Besonderen durch das Allgemeine, die wir

oben als „Teilnahme“ bezeichneten, ähnliche Mängel wie bei Platon

und Aristoteles aufweist

2

. — Auch die Mängel des dialektischen

Verfahrens ergaben sich (neben ihren Vorzügen) schon früher

3

.

d.

Wert des Einzelnen. Sittenlehre

Wie weit Wert und Würde des Einzelnen bei Hegel immer geret-

tet zu werden vermögen, bedarf noch besonderer Prüfung. Denn

1

Siehe oben S. 73.

2

Siehe oben S. 32, vergleiche dazu mein Buch: Der Schöpfungsgang des

Geistes (= Ergänzungsbände zur Sammlung Herdflamme, Bd 3), Jena 1928,

S. 426 ff. und 513 ff.

3

Siehe oben S. 69 f.