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1.
Das Enthaltensein des Geistes in einem höheren Ganzen auf
Grund der Rückverbundenheit oder den Glauben.
2.
Das Geschaffenwerden von einem Höheren oder die Eingebung.
3.
Die Annahme der Eingebung in Gezweiung.
4.
Das Schauen, der erste Vollzug dieser Annahme (Eingebung).
5.
Der weitere Vollzug im Sichschaffen oder Setzen des Gegen-
standes durch Fortsetzung der Selbstunterscheidung oder Wis-
sen (zerlegender Begriff).
6.
Gestaltung des Gegenstandes oder Kunst.
7.
Entstehung der Sinnlichkeit durch Verbindung (Gezweiung
höherer Ordnung) des Geistes mit dem Stoffe.
8.
Das verarbeitende Wollen und Wirken.
Über die wichtigsten Punkte einige Erläuterungen.
1. Der Glaube
Es muß der Irrtum aufgegeben werden, als wäre der Glaube, das
ist das metaphysische Element in unserem Geiste, nur etwas Ab-
geleitetes, nur eine mehr oder weniger willkürliche Sache. Wohl
kann der Mensch entweder Christ oder Heide usw. sein, aber er
kann nicht ohne alles Metaphysische sein. Daß das Metaphysische
überhaupt, die nackte, unausgeformte Andacht, das Ursprüng-
lichste in uns sei, daß es der erste, tiefste Grund des Geistes sei,
liegt in der Natur des Geistes. Denn jede Ganzheit hat die Eigen-
schaft, in einer höheren Ganzheit befaßt zu sein. Aller Inhalt unseres
Geistes, unser Geist als Ganzes, ist befaßt, r ü c k v e r b u n d e n
in Höherem. Im Ganzen der Welt, zuletzt in Gott, rückverbunden
zu sein, das ist der Grund für jene Erscheinung, die wir Andacht,
Religiosität oder Glaube nennen — nicht im Sinne einer bestimmt
ausgeformten Religiosität, sondern im Sinne einer Urqualität des
Geistes, die ihn befähigt, eine bestimmte Frömmigkeit (Heiden-
tum, Christentum usw.) erst auszubilden, auszuformen. Dieses
A u s f o r m e n geschieht erst in den (logisch) späteren Teilinhalten
oder inneren Phasen des Geistes, vor allem im Denken. Ohne Den-
ken kann man nicht glauben.
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flamme, Bd 3), Jena 1928, S. 213 ff.; Erkenne dich selbst, Eine Geistesphilosophie
als Lehre vom Menschen und seiner Weltstellung (= Ergänzungsbände zur
Sammlung Herdflamme, Bd 6), Jena 1935, S. 16 ff.
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