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zu überwinden gilt, ist nun diese: die sogenannten Interessenorganisationen wer-

den heute von Arbeitern wie von Unternehmern in einem grundsätzlich indivi-

dualistischen Sinne aufgefaßt.

Wenn ich von „Individualismus“ spreche, so meine ich dabei nicht in erster

Linie den Berufsegoismus, der alle diese Verbände erfüllt und der — allerdings

nur in ganz bestimmtem Sinne — die Grundlage des wirtschaftlichen Verbands-

lebens auch später wird bleiben müssen. Nein, ich meine damit die theoretische,

die verstandesmäßige Auffassung vom Wesen und von den Pflichten eines sol-

chen Verbandes. Kurz gesagt: die h e u t i g e E i n s t e l l u n g der Ver-

b ä n d e b e i d e r L a g e r i s t e i n e i n d i v i d u a l i s t i s c h - a t o m i -

s t i s c h e ; s i e s o l l t e a b e r e i n e o r g a n i s c h - u n i v e r s a l i s t i -

s c h e s e i n . Dies gilt es nun näher zu erklären.

Die individualistische oder atomistische Auffassung erklärt das Wirtschafts-

leben lediglich aus den Kräften des einzelnen wirtschaftlich handelnden Men-

schen. Der „freie Wettbewerb“ als Aufstachler und Erhalter dieser Kräfte, die

Wirtschaftsfreiheit als die Vorbedingung für ihn, der wirtschaftliche E i g e n -

n u t z endlich als seine letzte Triebfeder — darin sieht der Individualist das

Räderwerk, darin ist ihm alles Lebenswesentliche der Wirtschaft beschlossen. Da

es lauter Einzelne sind, gleichsam Atome, die auf solche Weise — von sich

aus — die Wirtschaft in Gang bringen, heißt der Individualismus mit Recht

auch Atomismus.

Als nun im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten fünfzig Jahre

durch Krisen und Sättigung der Märkte die Anbieterstellung sich immer wieder

verschlechterte, schritt man mehr und mehr dazu, durch „Koalition“ den Wett-

bewerb gleichartiger Anbieter untereinander auszuschalten. Das war gegen alle

Theorie, aber von der Not gezwungen, kümmerte man sich nicht weiter um die-

sen Widerspruch — h i e l t j e d o c h d a f ü r d i e a l t e i n d i v i d u a l i -

s t i s c h e T h e o r i e a u f d e r n e u e n E b e n e u m s o h a r t n ä c k i g e r

f e s t . Man verwandelte nämlich die Lehre vom Eigennutz des Einzelnen in die

vom Eigennutz der Gruppe, die Lehre von der Selbsthilfe des Einzelnen in die

von der Selbsthilfe vieler Einzelner. Man sah demgemäß das Wesen eines Wirt-

schaftsverbandes darin: den Wettbewerb der Verbandsmitglieder untereinander

abzuschwächen, betrachtete dafür aber alle im Verbande Zusammengefaßten als

ein Individuum, das denselben Eigennutz zu betätigen habe wie früher alle Ein-

zelnen für sieh!

Aus dieser Auffassung heraus ist es zu verstehen, daß man den Organisa-

tionen den Namen eines „Interessenverbandes“ allgemein gab, ein Name, der

sonst schamlos klingen müßte. Die Schäden dieser Auffassung sind aber unabseh-

bar. Der atomistische Berufs- und Gruppenegoismus treibt die Unternehmer zu

dem falschen Standpunkte des H e r r - i m - H a u s e - S e i n s , die Arbeiter zu

dem noch falscheren und verzweifelten Standpunkte des K l a s s e n k a m p f e s ,

der zur Verneinung von Volkstum und Staat und zuletzt zum Kommunismus

führt, wie es die materialistische Geschichtsauffassung Marxens mit zynischer

Offenheit lehrt. (Wieder zeigt sich dasselbe Verhängnis: der Unternehmer unbe-

wußt auf demselben Boden wie der marxistische Arbeiter!)

Die theoretischen Fehler der atomistischen Auffassung sind aber dem Tiefer-

blickenden wohl erkennbar. Sie liegen darin:

1. daß das Wirtschaftsleben gar nicht aus den Handlungen vieler Einzelner

für sich besteht, sondern deren Gegenseitigkeit und organischer Zusammenhang

das Wesentliche, das Erste ist, welches der einzelnen Handlung erst ihren Sinn