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der Erfinder und Wirtschaftsführer als Vorbilder. Ohne bestimmte

Vorbilder überall kein bestimmter Kulturprozeß, keine bestimmte

Führung, keine bestimmte Nachfolge. Sogar der neue Schöpfergeist

muß an alte Vorbilder anknüpfen, er muß sie umbilden. Das fordert

die durchgängige Gezweitheit des menschlichen Geistes, das fordert

auch die Gliedhaftigkeit jedes Einzelnen, sogar des Genies, im

objektiven Geiste.

Die empiristischen Sitten- und Gesellschaftslehrer wollen „Sitt-

lichkeit“ aus dem wechselnden Nutzen für den Einzelnen, aus den

wechselnden Umständen der Geschichte, der Zeiten, der geographi-

schen Bedingungen, der Umwelt überhaupt herleiten. Sie wollen

damit das Schöpferische aus dem Sitten- und Kulturleben ausschal-

ten. Sie leugnen damit, daß nur nach bestimmten Vorbildern Wis-

sen und Kunst, Sittlichkeit und Heldentum möglich sei. Nichts ist

blinder als diese Meinung, sie kennzeichnet das Äußerliche, Un-

geistige alles Empirismus und Individualismus, der überall dem

Geheimnis und dem Schöpferischen ausweicht. Woher sollte die

einfallslose Menge ihre Gedanken, Ziele, Gebote und Verfahren

nehmen, wenn nicht von jenen, denen sie jeweils zum ersten Male

eingefallen sind, von den einzig schöpferischen Menschen? Und daß

deren nur ganz wenige sind, lehrt die Geschichte aller Kultur-

gebiete auf den ersten Blick. Die großen Bewegungen und Ereig-

nisse der Geistes- und Staatengeschichte sind einzig und allein durch

die Schöpfertat großer Führer ins Werk gesetzt. Das Gelingen der

Führertaten und die Nachfolge der Geführten bedeutet die Zeiten

des Aufstieges, das Mißlingen der Führung, das Versagen der Nach-

folge bedeutet die Zeiten des Verfalles.

Der schöpferische Führer ist die einzigartigste Persönlichkeit, und

doch muß sie sich gleichsam auslöschen, um seinen Schöpfungsgang

anzutreten. Je größer das Schöpfertum des Menschen, um so weniger

Eigenes, Selbstisches ist in seiner Schöpfung zu finden. „W e r d e

a l l g e m e i n “ ist das Gesetz des Führers. Er empfängt es von der

Natur der Gezweiung, vom Vorrange des objektiven Geistes. Der

Führer kann nicht sich suchen, er muß die Erfordernisse der Sache

suchen und erfüllen. Das Persönlichste, das Schöpferische ruht nur

im Uber-Dir, im Allgemeinen. Dieses mit heiligem Sinn zu emp-

fangen, es ganz darzustellen, ganz zu geben, ist der einzige Trieb

des großen Schöpfers und Führers. / Der echte Mensch gehört nicht