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haften, / welche in der Geschichte zu Zeiten eine größere Rolle spie-

len, als es den Anschein hat.

Diese Schichte von Menschen besteht wahrhaftig und leibhaftig

und ist z. B. unter Namen wie: „der Bauch von Paris“, das „unter-

irdische Wien“, das „Lumpenproletariat“, „Verbrechertum“, „Gang-

stertum“, „Dekadententum“ im schöngeistigen, gesellschaftswissen-

schaftlichen, vor allem aber im strafrechtlichen und moralgeschicht-

lichen Schrifttum bekannt. Dieses Unholdentum wird von Zeit zu

Zeit, namentlich bei großen politischen Umwälzungen, freigesetzt

1

.

Gewisse politische Systeme arbeiten aber mit ihm als einem stän-

digen Bestandteile der politischen Gewalt — das „Panem et circen-

ses“ kehrt in Massenzeitaltern ebenso wieder wie der wurmstichige

Führer, der Krankhafte und Verbrecher als Führer und schließlich

der Unhold großen Ausmaßes.

Die großen schöpferischen Menschen vermögen nun nicht unver-

mittelt weder der Menge noch dem Untermenschentum gegenüber-

zutreten. Es bedarf der Ve r m i t t l u n g . Darum bildet der

Idealbau der Gesellschaft eine P y r a m i d e . Diese Pyramide sich

plastisch zu vergegenwärtigen dünkt uns für das Verständnis des

gesamten Gesellschafts- und Geschichtsverlaufes von besonderer

Wichtigkeit. In dieser Schichten-Pyramide stehen:

1.

die wenigen Schöpfergeister und Hochbegabten obenan;

2.

die schon in größerer Zahl vorhandenen mittleren Begabun-

gen, welche allein die Vermittlung besorgen können

2

, im oberen

Teile und in der Mitte, die große Menge unten. Die Basis der Pyra-

mide ist also breit;

3.

daran schließt sich eine immer geringer werdende Zahl von

Unholden und Untermenschen aller Art bis herab zu den gemeinen

Verbrechern; indem diese an Zahl immer mehr abnehmen, wird die

Pyramide (unterhalb der Basis) in eine Doppelpyramide umgewan-

delt, oder nach einem andern Bilde: in eine Z w i e b e l .

1

Vgl. mein Buch: Der wahre Staat, 4. Aufl., Jena 1938, S. 157 f.; Albert

Schäffle: Bau und Leben des sozialen Körpers, 2. Aufl., Tübingen 1896, Bd 1,

S. 479 ff., Bd 2, S. 334 ff.; Friedrich Christian Benedict Ave-Lallemant: Das

Deutsche Gaunertum, München 1914; Georg von Mayr: Moralstatistik mit Ein-

schluß der Kriminalstatistik, Tübingen 1917; Alexander Elster: Sozialbiologie, Be-

völkerungswissenschaft und Gesellschaftshygiene, Berlin 1923; Gustav Aschaffen-

burg: Das Verbrechen und seine Bekämpfung, 3. Aufl., Leipzig 1923.

2

Vgl. mein Buch: Gesellschaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 231 ff. und

S. 238 ff.