Eine „Wirtschaftsphilosophie“ in demselben Sinne, in welchem
man von einer Moralphilosophie, Rechtsphilosophie, Geschichts-
philosophie spricht, kann es infolge der äußerlich dienenden Stel-
lung der Wirtschaft in der Gesellschaft nicht geben. Denn die
Gesellschaftsphilosophie behandelt nur die Erscheinungsweise des
Geistursprünglichen in der Gesellschaft
1
, während für die Wirt-
schaft eben das bezeichnend ist, daß sie nicht selbst Geist ist, son-
dern dem Geistigen der Welt, der Ziele, nur dient. Und zwar ist die
Wirtschaft, wie aus der Untersuchung der Ausgliederungsordnung
der Gesellschaft hervorging, aber später noch zu erklären sein wird
2
,
der einzige Teilinhalt der Gesellschaft von äußerlich dienender Art.
Als äußerlich dienend kann aber die Wirtschaft nur mittelbar an
dem Geistigen der Gesellschaft teilhaben.
Wollte man dagegen etwa auf Lehrmeinungen nach Art der
„materialistischen Geschichtsauffassung“ von Karl Marx verweisen,
so wäre zu erwidern, daß auch diese keine eigene Wirtschaftsphilo-
sophie darstellt. Ganz abgesehen von ihrer Unrichtigkeit, enthält
sie nämlich keineswegs selbst eine Philosophie. Sie besteht in Wahr-
heit aus analytischen Lehrstücken, hauptsächlich dem Lehrstücke
vom sogenannten „Unterbau und Überbau“, vom „Konzentrations-
gesetze“ und vom Klassenkampfe. Aber allerdings haben diese ana-
lytischen Lehrstücke eine p h i l o s o p h i s c h e V o r a u s s e t -
z u n g , nämlich den Materialismus.
Andererseits muß aber auch der in Fachkreisen heute vorherr-
schenden Meinung widersprochen werden, die Volkswirtschaftslehre
sei schlechthin eine „induktive Wissenschaft“, welche ähnlich wie
Physik und Chemie, Mineralogie einfach die „Tatsachen der Er-
fahrung“ zu sammeln, zu sichten und zu erklären habe; und bei der
daher von philosophischen Grundlagen nicht eigentlich gesprochen
werden könne. Diese Meinung wird durch den Begriff der Wirt-
schaft, der auf ihren geistigen Grund hindeutet, widerlegt; sie wird
aber auch von der gesamten Geschichte der Volkswirtschaftslehre
1
Siehe oben S. 7 und 247.
2
Siehe oben S. 147 ff., unten S. 291 ff.