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E r s t e r T e i l

Die philosophischen Voraussetzungen

der Volkswirtschaftslehre,

lehrgeschichtlich betrachtet

I. Die scholastische Wirtschaftslehre

Ein Hauptpunkt der Gesellschaftsphilosophie der Scholastik ist

die Unterscheidung des göttlichen Rechtes, Naturrechts und ge-

schichtlich gesetzten Rechtes — der Lex divina, Lex naturalis und

Lex humana. — Das göttliche Gesetz wirkt sich im natürlichen, das

natürliche unter dem Einflusse der wechselnden empirischen und

geschichtlichen Verhältnisse im menschlichen, das heißt im positi-

ven Rechte aus. Ein Hauptgedanke dieser Sozialphilosophie ist da-

her, daß Gesellschaft und Recht von den Menschen nicht gemacht

sind, sondern daß sie auf ein Jenseitiges b e z o g e n sind, daß sie

die A u s w i r k u n g eines Jenseitigen, daß insbesondere das posi-

tive und natürliche Recht die Auswirkung eines göttlichen Rechtes

und Gesetzes

1

sind. Ultimus finis multitudinis congregatae est,

per virtuosam vitam pervenire ad functionem divinam

2

.

Hiemit sind die philosophischen Grundlagen auch der Wirt-

schaftslehre von Thomas gegeben. Gehen wir die Hauptpunkte sei-

1

Die Nachweise hiefür siehe bei Otto Willmann: Geschichte des Idealismus,

Bd 2, z. Aufl., Braunschweig 1907, S. 437 ff.; Reinold Seeberg: Lehrbuch der Dog-

mengeschichte, Bd 3 (Mittelalter), 2. und 3. Aufl., Leipzig 1913, S. 9 ff.; Johannes

Sauter: Thomistische Gesellschaftslehre, in: Handwörterbuch der Staatswissen-

schaften, Bd 8, 4. Aufl., Jena 1928, S. 244—249.

Zum Obigen und zum Folgenden siehe Theo Surányi-Unger: Philosophie in

der Volkswirtschaftslehre, 2 Bde, Jena 1923 und 1926; Die Entwicklung der

Volkswirtschaftslehre im ersten .Viertel des 20. Jahrhunderts, Jena 1927.

2

Thomas von Aquino: Summa theologica, Vollständige deutsch-lateinische

Ausgabe, herausgegeben von der Albertus-Magnus-Akademie Walberberg, Heidel-

berg, Graz usw. 1959, II. II. qu. 50.