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Daß das grundlegende V e r f a h r e n der Begriffsbildung darnach nur das

Erfahrungen sammelnde, das „induktive“ sein kann, auf dessen Grunde erst sich

Abstraktion (Verallgemeinerung) und Deduktion (Ableitung) erhebt, bedarf kei-

ner weiteren Begründung.

/

Von hier aus sind auch die Versuche einer „mathematischen Logik“ zu be-

urteilen. Denn ist der Begriff in eine Anzahl von Merkmalen aufgelöst, dann

erscheint auch das Schließen als ein mengenhaft bestimmbarer Vorgang

1

.

B. Die n e u k a n t i s c h e L o g i k

Wenn Wissenschaft nur aus Allgemeinbegriffen besteht, wenn das

Wesen des Begriffes, der Erkenntnis überhaupt der Allgemeinbegriff

ist, dann kann die Geschichtsschreibung niemals zur Wissenschaft

werden. Diese Erkenntnis hatte schon S c h o p e n h a u e r ein-

dringlich ausgesprochen, indem er sagte, die Geschichte habe es mit

Einzelnem, Einmaligem zu tun, Wissenschaft dagegen mit dem All-

gemeinen

2

. W i n d e l b a n d war es, der in einer Straßburger

Rektoratsrede 1894

3

diese längst und oft festgestellte Tatsache nicht

hinnahm, sondern daraus den Schluß zog, daß es zweierlei Begriffs-

bildungen gebe: die generelle oder, wie er sie nannte, „nomothe-

tische“ (das Gesetz aufstellende) und die individuelle oder „ideogra-

phische“ (das Einmalige beschreibende) Begriffsbildung. Nomothe-

tische und idiographische Begriffe schließen einander aus, seien in-

kommensurabel. „Das Gesetz und das Ereignis, beide bleiben als

letzte inkommensurable Größen in unserer Weltvorstellung neben-

einander bestehen.“ — Die wichtige Folgerung aus diesem Gedanken

war, daß es auch Wissenschaften gebe, welche grundsätzlich nicht mit

Allgemeinbegriffen arbeiten, sondern mit dem Besonderen, Ein-

maligen: die geschichtlichen Wissenschaften treten damit neben die

Naturwissenschaften, aber beide beruhen auf verschiedener Be-

griffsbildung.

/

1

Vgl. unten S. 91 ff.

2

Vgl. oben S. 76.

3

Wilhelm Windelband: Geschichte und Naturwissenschaft. Rede als Rektor

der Straßburger Universität (1894), später abgedruckt in: Präludien, Sammlung

von Aufsätzen und Reden zur Einleitung in die Philosophie (1883), Bd 2, 7. und

8. Aufl., Tübingen 1921. — Wir halten uns an Windelband, der allerdings in

Carl Menger schon einen Vorgänger hatte. Heinrich Rickert hat nur das Ver-

dienst der Ausgestaltung Windelbandischer Gedanken.