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Julianus Apostata (den man entfernt der Gegenreformation ver-

gleichen kann) und viele andere Rückschläge, von denen die Ge-

schichte eigentlich zu wenig Aufhebens macht, konnten daran nichts

ändern.

Solche Beispiele, in denen sich die Überlegenheit der vorgeord-

neten Spannungen über die nachgeordneten zeigt, ließen sich aus

der Religionsgeschichte überall erbringen. Auch dort, wo neue reli-

giöse Strömungen einsetzen und nicht durchdringen, läßt sich zei-

gen: (1) daß es nicht am Vorrang lag, sondern am Nichtandauern

des religiösen Bruches; (2) daß an die Kraft des Religiösen verschie-

dene Anforderungen gestellt werden, je nachdem es andere Span-

nungen als verstärkende oder widerstehende, als gleichsinnige oder

durchkreuzende vorfindet. Uber den unbedingten Vorrang des

Religiösen und Metaphysischen hin- / wegzusehen, kann nur Athe-

isten und Materialisten beifallen. Wer aber das Heil seiner Seele

dem Glauben anvertraut, wird anders darüber denken. Wie sollte

er anders, als sein ganzes Leben von diesem Glauben bestimmen

lassen? Wer das bedenkt, dem wird es auch klar, daß die Erneue-

rung des religiösen Lebens durch neue Gründungen oder Entfal-

tungen stets eine Auffrischung, Verjüngung der ganzen Geschichte

von solcher Tiefe und Fülle ist, wie sie nur von der Religion als

dem vorranghaltigsten Teilinhalte des Gesellschaftslebens ausgehen

kann. Erneuerungen in Wissenschaft, Kunst, Staat können dieselbe

Tiefe und Fülle an sich selbst niemals haben. Daher der Geschichts-

schreiber, was er auch seinem Bekenntnisse nach über die Refor-

mation denken möge, feststellen muß, daß sie das damalige Europa

im Innersten aufgefrischt hat; was ja auch dadurch anerkannt wird,

daß sich der katholische Glaube selbst daran verjüngte. (Daher,

nebenbei gesagt, die Frage hier auftaucht, wieso das alte Rom trotz

der Verjüngung durch den christlichen Glauben den germanischen

Völkern zur Beute werden konnte. Daß dies möglich war, ist aber

daraus verständlich, daß die germanischen Eindringlinge fast sämt-

lich den neuen Glauben ebenfalls angenommen hatten, daher reli-

giös auf derselben Ebene standen und auf dieser ihre überlegene

Gesundheit geltend machen konnten.)