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lichen haften und die Begriffe, die es ausprägen, stellen nur diese

Äußerlichkeit dar. Das faßt jeder, einer besonderen philosophischen

Begabung braucht es dazu nicht. Anders steht es, sobald man auch

nur die erste Stufe des Idealismus, den Apriorismus, erreichen will.

Der Apriorismus, auch höherer Rationalismus zu nennen, ist der

große Durchbruch vom Empirismus zum Idealismus. Ihn zu voll-

ziehen, bedarf es anderer innerer Voraussetzungen, anderer Einge-

bungsgrundlagen, als sie der Empirismus verlangt. Diese zu gewin-

nen, darauf kommt alles an.

Das Grunderlebnis des Empirismus kann man auch dahin be-

stimmen, daß es den n a t u r h a f t e n Z u s t a n d , den der

Mensch in seinem leiblich-sinnlichen Empfindungsieben vorfindet,

erfasse und zur Grundlage der Philosophie mache. Der Apriorismus

dagegen erfaßt den g e i s t i g e n Z u s t a n d , den der Mensch

neben seinem naturhaften lebt, und macht ihn zur Grundlage der

Philosophie; den geistigen Zustand, der eben darum, weil er sich

auf dem Grunde des natürlichen Zustandes erhebt, auf ein Höheres,

ein Über-Naturhaftes, hinweist.

Ist nun mit diesen Worten nicht schon etwas Schwärmerisches,

etwas die Erfahrung Überschreitendes ausgesprochen? Stehen wir

hier noch auf dem Boden strengen Denkens oder schon auf dem

Boden metaphysischer Vermutung, religiöser Hoffnung? — so wird

der im neuzeitlichen Empirismus aufgewachsene Jünger der Philo-

sophie fragen. Aber diese Frage macht demjenigen nicht bange, der

den Geist versteht. Sie wird überhaupt nur gestellt, weil dem heu-

tigen Menschen das tiefere Verständnis des Geistes abhanden kam.

Die Aufgabe ist daher, kurz gesagt: die innere Erfahrung, das

Grunderlebnis des Geistes in sich zu erwecken, und zwar in jener

einfachen Form, in der es der kritische Idealismus verlangt. Gelingt

das nicht, dann bleibt alles Reden vom Apriorismus äußerlich (wie

z. B. der heutige Neukantianismus beweist). /

Um den Weg vom Empirismus zum Apriorismus leichter zurück-

zulegen, ist es zweckmäßig, die Aufgabe in mehrere Teile zu zer-

legen. Fassen wir die Aufgabe zuerst verneinend und bestimmen

wir, was der Geist nicht ist, so ergibt sich: Der m e n s c h l i c h e

G e i s t i s t k e i n N a t u r e r z e u g n i s . Die innere Erfah-

rung sagt vielmehr jedem Unverbildeten vernehmlich, daß es sich

bei geistigen Vorgängen, obzwar sie an Naturbedingungen gebun-