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[34/35]

I. Die Zeit

A.

Z e i t i s t n u r d u r c h Z e i t l o s e s m ö g l i c h

Die Zeit, wie es so oft geschah, einfach als das „Nacheinander“

von Erscheinungen zu bestimmen, ist eine Tautologie, da dieses

„Nacheinander“ ja eben erklärt werden soll. Will man das

Wesen der Zeit verstehen, so muß man auf diejenigen Seins-

schichten zurückzugehen suchen, welche sich in der Form der

Zeit setzen. Ich habe mich darüber bei einer früheren Gelegen-

heit ausführlich geäußert und darf der Einfachheit halber die

wichtigsten Stellen hier anführen

1

.

Die Zeit gehört nicht nur der stofflichen, sie gehört auch der

geistigen Seinsordnung an. Nicht nur die Bewegung im Raume,

auch die geistige Bewegung verläuft in der Zeit. Während der

Geist sich nicht verräumlicht, gliedert er sich doch zeitlich aus.

D a r u m k a n n d e r M e n s c h d a s W e s e n d e r Z e i t

b e g r e i f e n , d a s d e s R a u m e s n i c h t . Beobachten wir

unser eigenes Geistesleben in seiner zeitlichen Ausgliederungs-

weise, so finden wir: daß die Zeit nicht ein mechanisches

Nacheinander von Setzungen ist, sondern daß der Geist, indem

er seine Aus- / gliederung in der Zeit durchführt, das heißt sich

umgliedert, immer er selbst bleibt, daß er als das Beharrende im

Wechsel, als das Beharrende im Verlaufe der Umgliederung

besteht. „Umgliederung“ schließt aber auch schon dadurch, daß

sie einen s i n n v o l l e n Zusammenhang darstellt, jede bloß

mechanische Aneinanderreihung aus.

Wodurch ist der Unterschied von Ausgliederung und Um-

gliederung gekennzeichnet? Die Ganzheit gliedert sich (syste-

matisch) aus. Diese Ausgliederung ist aber nicht endgültig;

sondern die Ganzheit nimmt sich fortwährend zurück und glie-

dert sich fortwährend neu aus — sie gliedert sich um. Dieses

„neu“ ist aber nicht etwa eine versteckte Einführung des Zeit-

begriffes, des Nacheinander, vielmehr hat es eine eigene Bestim-

mung an sich. „Ausgliederung“ der Ganzheit ist nur möglich

durch ein Formendes, das selber unverformt bleibt, durch ein

Setzendes, das selber ungesetzt bleibt, durch ein Ausgliederndes,

das selber unausgegliedert bleibt, das am Grunde bleibt. Das

Setzende geht in seiner Setzung, die Ganzheit geht in ihren Glie-

1

Der Schöpfungsgang des Geistes, Jena 1928, S. 375ff.