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III. Weitere Begründung des Begriffes der abgeleiteten
Bewegung: wie ist die Ortsveränderung schon gebildeter
Teilräume möglich?
Mit dem Gesagten ist der Begriff der abgeleiteten Bewegung
noch nicht vollständig entwickelt. Denkt man nämlich das bis-
herige Ergebnis zu Ende, so bleibt noch die Frage zurück, wie
die Ortveränderung schon gebildeter Teilräume zu denken sei?
Besteht nicht die Gefahr, daß wir hier in die naive Denkweise
der Atomistiker (wir werden sie unten noch beleuchten) ver-
fallen, wonach es einen leeren Raum gebe und schon vorhandene
Körper (also schon gebildete andere Räume!) in ihn hinein- /
gingen? Diese Gefahr muß vermieden werden, es können sich
nicht schon gebildete Räume äußerlich, mechanisch bewegen.
Entscheidend an der abgeleiteten Bewegung ist, daß der
sich bewegende Teilraum, z. B, ein Stein, der geworfen wird,
seinen Verräumlichungszusammenhang mit anderen Teilräumen
ändert; damit dies möglich sei, müssen zuletzt in der v o r -
r ä u m l i c h e n E b e n e Veränderungen stattfinden. Denn der
Verräumlichungszusammenhang liegt auf der Ebene der im-
materiellen Wurzeln der Materie. Die T e i l r ä u m e s p a -
z i e r e n n i c h t i n e i n e m G e s a m t r a u m e b e l i e b i g
h e r u m , sondern sie ändern ihre Verhältnisse zueinander, und
zwar aus einer Erregung des Vorräumlichen heraus! Diese Er-
regung ist aber von der Art, daß die vorhandenen Verräum-
lichungen (die vorhandenen Teilräume) so gut wie aufrecht
bleiben, ihre Verhältnismäßigkeiten jedoch sich ändern
1
. Die
Verräumlichungstaten dauern im großen und ganzen fort, aber
im einzelnen finden Änderungen nach Maßgabe der neuen Ver-
hältnismäßigkeiten der Teilräume statt. Darum ist ja auch, wie
sich zeigte, die ortverändernde Bewegung nur oberflächlich
gesehen eine durch Druck oder Stoß bedingte; in Wahrheit muß
z. B. beim Werfen eines Steines eine Änderung innerhalb eines
ganzen physikalischen Kräftesystems vor sich gehen, nämlich,
wie die heutige Physik sagt, durch eine Änderung (Erregung)
i
1
Ähnlich dem Vorgange des „ V e r b a n d s w e c h s e l s ” in der Soziologie,
der ebenfalls die Fortdauer der übrigen geistigen Gezweiungen voraussetzt, daher
die den Verband wechselnden Menschen, ähnlich den Teilräumen, als fast be-
ständig voraussetzt. Vgl. meine Gesellschaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 127 ff.