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zugleich eine Hinwendung zum Geiste vermittelst des Lebens
liegt, also ebenfalls das Ende, das Höchste der Natur. Soferne
beides zum wesenhaften Bestande der Natur gehört, möge man
ihnen Gleichursprünglichkeit zuerkennen. Aber nach dem Satze,
daß es die wesenseigenen Eigenschaften sind, die sich ver-
räumlichen, müssen die dem Verräumlichungsgebiete angehö-
renden Eigenschaften doch den anderen nachstehen. Auch muß
wohl die Geiststrebigkeit der Natur als das Höhere, Erste ge-
dacht werden (obwohl gerade darüber nicht so einfach abgeur-
teilt werden darf, denn die Natur ist sich selbst genug!). Es folgt
also der Satz:
1.
Die w e s e n s e i g e n e n E i g e n s c h a f t e n s i n d v o r
d e n r a u m b e g r ü n d e n d e n .
Die große Frage ist nun, ob auch innerhalb der wesenseigenen
Eigenschaften Vorrangsätze aufgestellt werden können? Da in /
der Wahlanziehung der Stoffe und dem sich darin vollziehenden
neuen Werden alle anderen Eigenschaften — Wärme, Elektro-
magnetismus, andere Strahlungen — auftreten; und da über-
haupt schon im Werden der Stoffe, das heißt zugleich: in der
Individuation, das Umfassende vor den anderen Eigenschaften
liegt, so können wir den wichtigen Vorrangsatz aufstellen:
2.
C h e m i s m u s i s t v o r W ä r m e u n d E l e k t r o -
m a g n e t i s m u s (samt den anderen Strahlungen). Dieser Vor-
rang folgt aus dem früher Ausgeführten
1
, ferner daraus, daß der
Gipfel des Elektromagnetismus, das L i c h t , die Vollendung
aller Eigenschaften ist (ähnlich wie der Raum
2
), das Vollendende
aber erst das Nachgeordnete sein kann. Endlich scheint uns der
Vorrang des Chemismus auch daraus zu folgen, daß der Che-
mismus mit der Dinglichkeit in engem Zusammenhange steht.
Der Chemismus ist in gewisser Hinsicht der Übergang vom Ding
zu seinen Eigenschaften. Das Ding ist aber vor den Eigen-
schaften; die der Dinglichkeit am nächsten stehenden Eigen-
schaften sind daher auch die umfassenderen, also jene, die den
Vorrang besitzen — allerdings gilt der Vorrang des Chemismus
nur in jenem bedingten Sinne, den die innige Einheit der we-
senseigenen Eigenschaften überhaupt zuläßt.
1
Siehe oben S.161 ff.
2
Vgl. darüber unten S. 236ff.