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Solchen Überlegungen geht die neuzeitliche Physik allerdings
scheu aus dem Wege. Aber widerlegen kann sie sie nicht. Das
begriffliche Zu-Ende-Denken ihrer letzten Grundannahme, hier
der „Energie“, sollte sie anderen mindestens nicht verwehren.
Denkt man den Energiebegriff zu Ende und kommt man dann,
so wollen wir es einmal ausdrücken, auf den Begriff des Kraft-
punktes, so hat man notwendig etwas Unräumliches, Vorräum-
liches gedacht. Dann kommt aber noch ein anderes wesentliches
Ergebnis zutage: daß nämlich der Satz von der „Erhaltung der
Energie“ nur empirisch, nicht wesensgemäß den Naturverlauf
kennzeichne. Denn die sich verräumlichenden Kraftquellen
werden zwar in aller Regel wieder mit den gleichen Einsätzen
die Ver- / räumlichungen vornehmen, ähnlich wie ein Mensch
jeden Tag früh aufsteht und seinen Gewohnheiten und Be-
schäftigungen regelmäßig nachgeht (so daß sich z. B. die Königs-
berger nach Kant ihre Uhren richten konnten); aber es muß
dem Wesen der Sache nach nicht so sein. Der Satz der Erhaltung
der Energie ist so zwar als eine verfahrenmäßige Voraussetzung
der mathematischen Naturdarstellung anzuerkennen, aber nicht
als eine Voraussetzung der Natur selbst.
Die Rücknahme macht es uns von ihrer Seite her abermals
begreiflich, daß und inwieferne Freiheit mit Gesetzmäßigkeit
zusammen in der Natur bestehen könne und müsse.
III. Sinnbildlichkeit der Natur
In der Natur besteht Sinnbildlichkeit, aber sie ist anders als
beim Geiste. Aus der Ebenbildlichkeit fremder Ebene heraus
ist auch allein die eigenartige Sinnbildlichkeit der Natur zu
verstehen.
Auf geistigem Gebiete ist z. B. das Buch Sinnbild des Wissens,
der Pflug Sinnbild des Landbaues. Bei diesen Sinnbildern bleibt
der Geist in seiner e i g e n e n Ebene, nämlich des sinnvollen
Zusammenhanges seines Denkens und Tuns. Anders in der
Natur. Die Natur kann nur in vermittelter, ü b e r t r a g e n e r
Weise sinnbildlich werden. Denn die Verräumlichung der im-
materiellen Wesenheiten schließt ja den Übergang in eine
andere Seinsebene, eine andere Gattung in sich, und zwar von
der vorräumlichen in die räumliche. Daher uns der sinnbildliche