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Z w e i t e r A b s c h n i t t

Freiheit in der Natur

I.

Die Annahme blinder Notwendigkeit

in der Natur vernichtet ihre Wirklichkeit

Die mathematische Physik will die Natur vollständig be-

stimmen, durchkennen. Aber in der Natur ist Geheimnis. Ein

Innerliches, ein Jenseitiges wirkt durch sie hindurch, das in

seinen Äußerungen nur darum als reines Diesseits, nur darum

mathematisch gefaßt zu werden vermag, weil es sich räumlich

darstellt.

Wir haben dieses Innerliche und Jenseitige als Wesenszug

von Ganzheit in der Natur nachgewiesen, welcher der räum-

lichen Veräußerung, Vielheit, Getrenntheit der Teile zugrunde

liegt, und diese Vielheit davor bewahrt, Bestimmungslosigkeit,

Apeiron zu werden

1

. Nun muß sich aber dieses Jenseitige auch

noch rein vom Seinsbegriffe her, rein ontologisch zeigen. Die

Überlegung, die sich hier aufdrängt, ist folgende.

Wäre die Natur reine Äußerlichkeit, dann wäre sie auch blinde

Notwendigkeit — dann müßte man aber zweifeln, ob wir es

überhaupt noch mit einem geordneten Sein, als einer Wirklich-

keit, zu tun hätten. Ist eine blindnotwendige Natur wahrhafte

Wirklichkeit zu nennen? — Das ist die Frage, die sich hier

erhebt.

Wäre absolute Eindeutigkeit, schlechthinige Zwangläufigkeit

im Naturgeschehen, dann wäre allerdings auch keine Freiheit.

Wir behaupten dagegen: irgendeine Freiheit muß sein in der

Natur. Denn wenn alles und jedes in ihr nur äußerliche Zwang-

läufigkeit, nur blind-ursächliche Notwendigkeit wäre, dann

wäre / alles Geschehen, alle Veränderung, alle Wirklichkeit nur

1

Siehe oben S. 52ff., 116f. und öfter.