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Gehalt der Naturerscheinungen, wie mächtig er uns auch er-

greifen mag, kein unmittelbarer, eindeutiger, insbesondere kein

rationaler ist.

So besteht der Sonnenaufgang, äußerlich gesehen, nur in der

Aufhellung der Nacht und dem schließlichen Hervortreten der

Lichtstrahlen unter Farbenentwicklung. Dem inneren Gehalte

nach aber ist uns der Sonnenaufgang das Sinnbild der Er-

neuerung, der inneren Wendung, der Neugeburt. Eindeutig /

und rational beweisbar ist diese Sinnbildlichkeit nicht. Das

macht: Was für die menschliche Seele Erneuerung und Neu-

geburt ist, kann in gleicher Weise in der Natur nicht Vorkommen.

In der verräumlichten Ebene nicht, wohl auch nicht in der vor-

räumlichen Ebene. Aber ein Vorgang, der dem e n t s p r i c h t

(mittelbar entspricht), was uns innere Erneuerung bedeutet, ein

solcher Vorgang kann dem überräumlichen Tun und Schaffen

der Natur mit Recht zugesprochen werden.

Vielleicht wird das noch deutlicher, wenn wir die zugleich

düstere und helle, siegreich aufsteigende Musik des Mondauf-

ganges betrachten, die Mozart in der „Zauberflöte“ (I, 4, Musik

beim ersten Erscheinen der Königin der Nacht) gibt. Diese Musik

kann nicht objektiv genug genommen werden. Mozart sah den

Mondaufgang, und diese erhabene Erscheinung setzte sich ihm

in Rhythmen und Klänge um; diese Rhythmen und Klänge ent-

hüllen uns das Innere der Natur. Auch hier Erneuerung, neues

Werden und Aufsteigen, aber in dunklem Rahmen.

Ist die Sonne erschienen, so zeigt die Natur das Bild

leichtquellender Jugendkraft. Wie überzeugend wirkt darum

das „Morgenlied“ Conrad Ferdinand Meyers:

„Mit edeln Purpurröten

Und hellem Amselschlag,

Mit Rosen und mit Flöten

Stolziert der junge Tag . . .

Ihr taubenetzten Kränze

Der neuen Morgenkraft,

Geworfen aus den Lüften

Und spielend aufgerafft. . .“

Das Waldweben (wir nehmen ausnahmsweise ein Beispiel aus

dem Organischen), das Richard Wagner in unsterbliche Töne

faßte, ist uns das Sinnbild des lustvoll in sich kreisenden, selig