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einer Glaubenslehre sich darstelle, wird nun in seiner Notwendig-

keit klar, nicht minder auch, daß diese Lehre ihren Gegenstand nie-

mals erschöpfen könne, sondern in Gleichnissen und Bildern reden

müsse. „Hätte ich einen Gott, den ich erkennen könnte, ich würde

ihn nicht länger für einen Gott halten“, sagte gleichfalls Meister

Eckehart. Und wenn Thomas von Aquino den Glauben ein „Vor-

verkosten“ der künftigen Seligkeit nennt

1

, erweist er sich dadurch

als echter Mystiker.

Daß zugleich dem Wissen des Menschen von Gott das „Gewußt-

werden des Menschen von Gott“ entspricht, lehrt Meister Eckehart

und in der neueren Zeit Baader, welcher gegen des Cartesius „cogito

ergo sum“ richtig formuliert: „cogito ergo cogitor“

2

. /

Fünftens:

Mit dem Rückverbundenheitsbewußtsein ist aber noch eine wei-

tere Bestimmung des Religiösen gegeben, von der oben noch nicht

die Rede war: Alle Bewußtheit ist Bewußtheit eines Ichs, einer Per-

sönlichkeit. Religion ist darum p e r s ö n l i c h e s Rückverbun-

denheitsbewußtsein in einem Gott, der selbst wieder nur irgendwie

nach Art des Rückverbundenen, also nach Art der P e r s ö n -

l i c h k e i t des Menschen gefaßt werden kann und muß. Persön-

lichkeit ist das höchste Sein, nämlich das sich selbst denkende; alle

andere Art zu sein, die nicht-sichselbstdenkende, die materielle, ist

eine weniger hohe, weniger vollkommene. Darum muß der mensch-

liche Geist notwendig das Göttliche so hoch wie er kann, nämlich

nach Art der Persönlichkeit denken. Jene, die das als „Anthropo-

morphismus“ verspotten, drangen nicht in die Tiefe, kamen dem

Geheimnis der Persönlichkeit nicht auf die Spur. „Gott ist Geist“,

sagt die höchste Religion, Geist ist aber von persönlicher Art, von

Art der Selbstvergegenständlichung, Selbstobjektivierung; „Person

sucht Person“ sagt F r i e d r i c h W i l h e l m J o s e p h S c h e l -

l i n g

1

. Religion ist darum nicht Rückverbundenheitsbewußtsein

von einem verschwommenen oder schlechthin unfaßbaren „Unend-

lichen“, sondern von einem Persönlichen. Denn konkretes Geistiges

1

Thomas von Aquino: Compendium theologiae, Luzern 1896, S. 22.

2

Franz von Baader: Sämtliche Werke, Leipzig 1851—1860, Bd 8, S. 339,

Bd 12, S. 376.

3

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Sämtliche Werke, Bd 11, Stuttgart

1856—1861, S. 568.