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kann stets nur nach Art der Persönlichkeit gefaßt werden. Mag man
das Göttliche zuletzt überpersönlich nennen, da Gott nie vollkom-
men erfaßbar ist: soweit es im Bereiche der Erfaßbarkeit liegt, ist es
Geist, Persönlichkeit.
Daß die Bestimmung „nach persönlicher Art“ die Ubermächtig-
keit der Gottheit nicht ausschöpfe, daß dieses „Persönliche“ daher,
wie gesagt, auch „überpersönlich“ genannt werden könne, ist keine
Schwäche unserer Bestimmung, sondern liegt im Wesen der Sache.
Aber gerade die größten religiösen Genien verkehrten mit der Gott-
heit wie auf Du und Du, sie erkühnten sich, sie ganz ernsthaft von
jener Seite zu nehmen, die wir „persönlich“ nennen müssen. Und
dasselbe Zeugnis geben uns die Mystiker aller Zeiten, insofern sie
den menschlichen Geist übereinstimmend als aus der Tiefe der Gott-
heit stammend auffaßten, ihm Gottesverwandtschaft, Ebenbildlich-
keit mit Gott zusprachen
1
.
Hier kommen wir nun auf einen Punkt, der oben nicht be- /
rührt wurde, auf den wir aber den größten Wert legen müssen: Im
Rückverbundenheitsbewußtsein liegt weiterhin notwendig ein
V e r h ä l t n i s des Rückverbundenen zum Rückverbindenden,
und zwar nicht nur ein allgemeines, sondern ein bestimmtes, kon-
kretes Verhältnis. Wie sich zeigte, ist es das Verhältnis eines Per-
sönlichen, des Menschen, zu einem anderen Persönlichen höchster
Art, Gott. Damit ist nun Religion: B e w u ß t s e i n e i n e s b e -
s t i m m t e n , das heißt k o n k r e t e n u n d r e a l e n V e r -
h ä l t n i s s e s d e s M e n s c h e n z u G o t t , als des Rückver-
bundenen zum Rückverbindenden, Verhältnis eines Konkreten zu
einem Konkreten.
Endlich, und damit berühren wir das letzte der eingangs ange-
führten Merkmale, liegt in der Rückverbundenheit noch: die Durch -
dringung des ganzen menschlichen Wesens mit Religiosität, daher
zuletzt auch des Wollens und Handelns. Die Gebote des rechten
Handelns erscheinen darum ihrer letzten Quelle nach als göttliche
Gebote. Die Religion ist damit auch Grundlage der S i t t l i c h -
k e i t , das rechte W o l l e n u n d W i r k e n ein Wirken aus Gott.
Als reales und konkretes Verhältnis zu Gott muß die Religion die
Lebensäußerungen des Menschen auch in seinem Handeln real und
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Worüber mehr unten S. 35—37.